Kinder- & Jugendbücher

Eine einzigartig berauschende Geschichte über emotionalen Missbrauch und dessen Folgen, auf literarisch höchstem Niveau und mit ganz viel Tiefgang erzählt

Lexi war acht, als ihre alleinerziehende, aber überaus hübsche Mutter den Architekten John kennen und schließlich lieben lernte. Die beiden wurden ein Paar. Lexi glaubte sich endlich glücklich. Doch das Familienidyll ist trügerisch. John ist verheiratet. Für Lexis Mutter verlässt er seine Ehefrau und Sohn Kass. Der Beginn eines neuen Lebens!? Sieben Jahre später liegt das Glück noch immer in weiter Ferne. Lexi kämpft mit Aggressionsproblemen. Sie zertrümmert Möbel, wirft Sachen aus dem Auto und zerstört Handys, wenn ihr die Sicherungen durchbrennen. Dabei möchte Lexi einfach nur von ihrer Familie akzeptiert werden: von ihrem Stiefvater John, vom älteren Stiefbruder Kass, in den sie sich rettungslos verliebt hat, und von ihrer Mutter, die sich immer mehr von ihr abwendet. Doch ihre Wut zu unterdrücken, lässt sie nicht verschwinden.

Was niemand außer Lexi zu sehen scheint: John ist ein sadistischer Tyrann, stets bedacht auf seinen guten Ruf. Er betrügt Lexis Mutter unter anderem mit seiner Praktikantin, stellt Lexi als Monster dar und sich selbst als guten Kerl. Er täuscht seine Umgebung auf geschickteste Art und Weise. Verzweifelt versucht Lexi, seinen wahren Charakter zu enthüllen. Doch John ist dem Mädchen mehr als einen Schritt voraus. Er schickt sie zu einem befreundet Psychotherapeuten und lässt sie unter Ritalin setzen. Denn angeblich leidet Lexi unter ADHS. Plötzlich führt sie nur noch ein Schattendasein, fügt sich Johns Wünschen und verliert sich selbst immer mehr. Stiefbruder Kass scheint Lexis letzte Hoffnung zu sein. Doch der spielt mit ihr und ihren Gefühlen. Nach einem Vorfall bricht Lexi aus ihrem Leben aus, mit verheerenden Folgen für alle ...

Ein Juwel im Bücherregal - mit "Ich war der Lärm, ich war die Kälte" gelingt Jenny Downham ein Lesegenuss ohnegleichen. Diese Geschichte vermag sogar Leben zu verändern. Kaum das vorliegende Buch aufgeschlagen, hat man ganz feuchte Augen und im Kopf schwirrt es wie in einem Bienenstock. Die Story bringt das Herz heftigst zum Klopfen. Ab der ersten Seite leidet man mit Lexi, versteht ihre Ängste und Sorgen und schüttelt über das Verhalten der Erwachsenen. Diese Lektüre lässt einen fassungslos, geradezu schockiert zurück. Und doch findet man sich als pubertierender Teenager in der Handlung und in der Protagonistin wieder. Downham kann schreiben, besser als viele andere ihrer Schriftstellerkolleg(inn)en. Was ihrer Feder entstammt, hat eine ungeheure Sogwirkung. Sich dieser zu entziehen, ist schier unmöglich. Einfach nur grandios!

Die Romane von Jenny Downham sind allesamt und sonders absolute Meisterwerke der Erzählkunst, außerdem der Emotionen. Einfühlsam erzählt die britische Autorin über die Gefühlswelt ihrer Protagonistinnen und rührt so den Leser zu Tränen, und das nach nur wenigen Sätzen. Während der Lektüre von "Ich war der Lärm, ich war die Kälte" bricht einem das Herz mehr als einmal. Ob Downhams Schreibkönnen ist einem ganz schwindelig. Denn ihr gelingt Jugendliteratur der berauschendsten Sorte. Noch genialer als Drogen!

Susann Fleischer 
28.09.2020

 
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Das Buch:

Jenny Downham: Ich war der Lärm, ich war die Kälte. Aus dem Englischen von Astrid Arz

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München: cbj Verlag 2020 432 S., € 18,00 ab 14 Jahren ISBN: 978-3-570-16582-9

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