Wissenschaften

Im Planschbecken mit Plinius und Lucius

Bereits im alten Rom wusste man die Vorzüge eines gepflegten Schwimmbadbesuchs zu schätzen. Doch wer glaubt, dass die Römer ähnlich wie der gemeine Mitteleuropäer heutzutage zunächst ein paar Bahnen geschwommen sind, um sich hernach einem gepflegten Sonnenbad hinzugeben, der ist auf dem Holzweg. Der Besuch eines Bads hatte für einen Römer weniger sportliche Aspekte, zumal die wenigsten Römer schwimmen konnten; auch war die Sonnenbräune eher ein Merkmal für die unteren Schichten. Stattdessen pflegten die Römer in den Thermen ihre geschäftlichen Kontakte und gaben sich dabei Wechselbädern im kalten Frigidarium und dem heißen Caldarium hin.

Die Römer waren sozusagen die Erfinder der Wellnesskultur und hatten eine ganz besondere Beziehung zu der lebenswichtigen Sauerstoff-Wasserstoff-Verbindung. Schon früh schätzen sie die essentielle Bedeutung des Wassers für ein Volk richtig ein und belieferten Rom bereits im vierten vorchristlichen Jahrhundert hoch technisiert mit Hilfe imposanter Wasserleitungen, der Aquädukte. Aber dies geschah nicht ausschließlich zur Versorgung der Menschen mit der Quelle des Lebens, sondern auch zu deren Unterhaltung und Vergnügen. Vom Bäderkult der Römer handelt das vorliegende Buch "Die Thermen der Römer", das in einer hochwertigen Aufmachung beim Stuttgarter Theiss Verlag erschienen ist.

Mit Ernst Künzl zeichnet hier ein Autor verantwortlich für die Inhalte, der bestens prädestiniert ist für die Aufarbeitung eines solchen Themas. Über drei Jahrzehnte hinweg war der promovierte Archäologe und Historiker leitender Museumsdirektor am Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz und darüber hinaus Direktor der Abteilung "Römerzeit". Jedoch führt er den Leser nicht in einer abgehobenen wissenschaftlichen Sprache, sondern in einem angenehmen Plauderton durch das vorliegende Werk und die Bädergeschichte des Römischen Reichs.

Bevor Künzl jedoch in medias res geht, macht er in gar nicht allzu ferner Vergangenheit einen Zwischenstopp und widmet sich kurz der Bäderwelt im Mittelalter und in der frühen Neuzeit sowie dem Aufstieg der Kurorte. Künzls Blickwinkel auf die Wassernutzung im Römischen Reich ist sehr umfassend. Er begleitet den Leser durch die großen Badepaläste Roms, wie die Caracalla-, Trajans- oder Diokletiansthermen. Dabei führen ihn seine Gedanken auch zu ganz profanen Fragen rund um den Besuch einer Therme, nämlich nach Öffnungszeiten oder Eintrittspreisen.

Künzl zeigt anhand archäologischer Funde auf, dass sich um die Thermen herum, ähnlich der heutigen Entwicklung von Wellnesstempeln, noch viele begleitende Institutionen wie Bibliotheken oder ambulante Arztpraxen mit Operationssälen als Zusatzangebote ansiedelten. Künzl behandelt auch die pikante Frage, ob Männlein oder Weiblein zusammen das Bad besuchen durften oder ob es hier ausschließlich getrennte Badezeiten gab.

Das Badevergnügen war bei dem ausgeprägten Expansionsdrang der Römer natürlich nicht nur auf die "caput mundi" selbst beschränkt. Der Bedarf an Thermen war auch in den Provinzen immens, schließlich war das dortige Freizeitangebot nicht gerade üppig. Diesbezüglich liefert das vorliegende Buch für den hiesigen Leser interessante Fakten zu den prominentesten deutschen Badestätten in Trier, nämlich den Barabara- sowie den Kaiserthermen, und behandelt darüber hinaus noch weitere deutsche Römerquellen wie beispielsweise Bad Vilbel, Baden-Baden oder Wiesbaden.

"Die Thermen der Römer" ist ein sehr unterhaltsames und zugleich höchst fundiertes Sachbuch aus der Feder eines kompetenten Mannes, dem es gelungen ist, das Thema kurzweilig zu transportieren: So macht der Ausflug in die Geschichte Spaß! Mit gerade einmal 160 Seiten, wobei Glossar und Quellen darin schon enthalten sind, macht das vorliegende Werk zunächst einen ungewöhnlich dünnen Eindruck, der jedoch bei näherer Betrachtung zu revidieren ist.

Künzl findet eine hervorragende Balance zwischen der Darstellung wissenschaftlicher Fakten und der Beantwortung drängender Fragen des gemeinen Lesers. Auch ergänzen sich Bild- und Textteil hervorragend, so dass alles in allem eine uneingeschränkte Leseempfehlung an Freunde des Römischen Reichs ausgesprochen werden kann.

Christoph Mahnel
06.05.2013

 
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Das Buch:

Ernst Künzl: Die Thermen der Römer

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Stuttgart: Theiss Verlag 2013
160 S., € 34,95
ISBN 978-3-806-22181-7

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