Wissenschaften

Der Traum von Bionahrung

Dieses Buch ist entschieden zu früh erschienen. Denn der Autor wusste noch nichts vom Skandal um das mit Nitrofen verseuchte Biofleisch und den damit zusammenhängenden Lebensmittelskandal. Zahlreiche Erzeuger von Bioprodukten wurden dadurch nicht nur in schlechten Ruf gebracht, sondern auch an den Rand des Ruins gedrängt.

Das Buch besteht aus zwei Teilen. Im ersten werden einige Lebensmittelskandale geschildert, der Autor stellt aber auch dar, wie das Siegel "Bio" aus ökonomischen Gründen vielfach missbraucht wurde. Die Wortwahl zeichnet ihn aber schnell als Bio-Aktivisten aus, denn es ist nicht nur von Fungiziden oder Pestiziden die Rede, sondern oft von chemischem Gift (als wenn die gelegentlich in der Biolandwirtschaft eingesetzten Pyrethroide keine Gifte wären – es sind halt biologische). Natürlich wird auch die Gentechnik verteufelt, ebenso wie die Agrarverbände und der Bauernverband.

Selbstverständlich werden die Erzeugerverbände wirklich nach biologischen Prinzipien genannter Nahrungsmittel genannt. Wer sich möglichst mit diesen Nahrungsmitteln ernähren will, findet sicher ein Buch, mit dem er den Dschungel der Angebote besser durchschauen kann und das ihm hilft, die ausgelegten Bioproduktfallen zu umgehen. Ob er sich damit gesünder ernährt, muss zumindest anlässlich des Nitrofenskandals hinterfragt werden.

Der Autor schreibt ein Loblied für echte Biokost. Dabei verkennt er aber, dass die deutsche Landwirtschaft überhaupt nicht in der Lage wäre, für alle Deutschen ausreichend Nahrung zu erzeugen, wenn nur nach den strengen biologischen Prinzipien gehandelt würde. Und dass gerade die aus dem Ausland importierten Nahrungsmittel oft viel stärker schadstoffbelastet sind als die deutschen, haben viele der Stichproben etwa an spanischen Erdbeeren oder chinesischen Shrimps gezeigt.

Darüber hinaus kommen viele Redundanzen vor. Je weiter man liest, desto öfter hat man das Gefühl: "Das habe ich doch schon an anderer Stelle gelesen". Oft schweift der Autor auch ab und dem Leser fehlt der "rote Faden". Mit einer strafferen Struktur und einem realistischeren Ansatz hätte der Autor mehr für die Biolobby tun können als mit diesem eher polemischen Buch. Denn in der Sache hat der Autor weitgehend Recht. Zahlreiche Produkte schmücken sich zu Unrecht mit dem Label "Bio".

hah
29.11.2002

 
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Das Buch:

Hans-Ulrich Grimm: Alles Bio oder was? Der schöne Traum vom natürlichen Essen

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Stuttgart / Leipzig: S. Hirzel Verlag 2002
200 S., € 14,80
ISBN: 3-7776-1170-0

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