Wissenschaften
Die innere Uhr unseres Planeten
Jeder spricht heute von Nachhaltigkeit - nicht nur, wenn es um die Wirtschaft geht, sondern auch, wenn von dem nahezu allgegenwärtigen Schreckgespenst der Klimaerwärmung die Rede ist. Schließlich wollen wir uns unseren Nachfahren gegenüber nicht mehr so verantwortungslos verhalten wie unsere Vorgängergenerationen, die sich oft wenig umweltbewusst verhielten und teilweise zur Schädigung der Natur und der Atmosphäre beitrugen, ohne es zu wissen. Salomon Kroonenberg ist Geologe und legt mit "Der lange Zyklus" ein Plädoyer dafür vor, dass unser aller Ideen für die Vorsorge für zukünftige Generationen keineswegs so weitsichtig sind, wie wir glauben.
Laut Kroonenberg neigt der Mensch gemeinhin dazu, nur maximal zwei Generationen, sprich 50 Jahre vorauszudenken. Dies ist seiner Meinung nach, wenn es um die Erhaltung und die Entwicklung des Planeten Erde geht, bei Weitem nicht genug. Der niederländische Geoexperte schlägt vor, stattdessen den Versuch zu unternehmen, einen Zeitraum von 10.000 Jahren als Maßstab für unser Vorausplanen anzusetzen. Besagten Zeitraum leitet er von der Theorie des serbischen Astrophysikers Milutin Milanković ab, welche besagt, dass das Klima der Erde innerhalb von 100.000 Jahren einen kompletten Klimazyklus durchläuft. Kroonenberg stellt nun die These auf, dass innerhalb von 10.000 Jahren nicht nur die Möglichkeit besteht, dass die Erde die nächste Stufe des besagten Zyklus erreichen wird, wobei uns als nächstes eine neue Eiszeit erreichen wird. Zudem eigne sich solch ein großer Zeitraum hervorragend dazu, Naturereignisse, die nur einmal im Zeitraum eines Jahrtausends eintreten - denn hiervon gibt es wahrlich viele - in einem angemessenen Rahmen zu betrachten und zu analysieren.
Um dem Leser seine Hypothese zu veranschaulichen, hält Kroonenberg einem vor Augen, wie viele Naturereignisse sich stets in regelmäßig wiederkehrenden Zyklen ereignen. Auch das Absinken und Ansteigen des Wasserspiegels von Flüssen und Meeren, das Entstehen von Erdbeben sowie das Eruptionsverhalten von Vulkanen zählen laut Kroonenberg hierzu. Jeder Vulkan besitzt beispielsweise seinen ganz eigenen Eruptionszyklus, der es ermöglicht, seinen nächsten Ausbruch vorzubestimmen. Wäre dieser Tatsache in der Vergangenheit mehr Aufmerksamkeit zugekommen, hätten sich laut dem Geologen zahlreiche Menschenleben retten lassen.
Dem momentanen Wahn über den Klimawandel steht Kroonenberg klar skeptisch gegenüber und scheut nicht vor der Formulierung von unbequemen Thesen. Seiner Meinung nach wäre der Menschheit eher damit gedient, sich auf die nächste Eiszeit denn auf "Treibhausklima" vorzubereiten. Ebenso führt er an, dass die negativen Auswirkungen des Ausstoßes von CO2 auf die Erdatmosphäre noch nicht ausreichend bewiesen sind. Zwei abschließende Kapitel über die biologische Uhr von Lebewesen und ihre Evolution runden "Der lange Zyklus" ab und geben weiteren Einblick in die faszinierenden Gesetzmäßigkeiten des blauen Planeten.
Salomon Kroonenberg legt hier etwas vor, was wahrlich nicht jedem locker gelingt: ein wissenschaftliches Werk, das sich auch ohne Kenntnisse der Materie als problemlos lesbar erweist. Die Prämisse des Buches scheint nur auf den ersten Blick komplex und seine Thesen werden sich dem Leser dank der Vielzahl an mit Bedacht gewählten anschaulichen Beispielen schneller erschließen, als so mancher für möglich halten wird. Auch wer Kroonenbergs Meinung bezüglich des Themas Klimawandel nicht teilt, wird ohne Frage von seiner Vielfalt an Belegen für die Gesetzmäßigkeit der Naturgewalten fasziniert sein. All dies kommt hierbei stilistisch so ungezwungen und nonchalant formuliert daher, so dass der Leser bisweilen vergisst, dass er eigentlich ein wissenschaftliches Buch vor sich hat. Ein gleichermaßen informatives wie unterhaltsames Feuerwerk an Wissen über den blauen Planeten, das zur Pflichtlektüre für absolut jeden Leser gehört, der Interesse für seine Thematik besitzt.
Johannes Schaack
06.09.2010