Wissenschaften

Das Ende in Sicht

Es ist der Treibstoff aller modernen Gesellschaften, es hält die Industrie am Laufen und sorgt für die Beförderung von Millionen. Fast niemand kommt ohne es aus. Doch sein Segen ist auch sein Fluch. Weltweit sorgt es immer wieder für Zünd- und Konfliktstoff. Die Rede ist vom Öl, jenem fest bis gasförmig vorkommenden Stoff, der in Millionen von Jahren entstand, seit etwa 150 Jahren industriell ausgebeutet wird und dessen dominante Bedeutung für Industrie und Gesellschaft, möglicherweise schon bald, Geschichte sein wird und vielleicht auch sein muss. So zumindest argumentiert James Laxer in seinem neuen Buch "Öl", auch wenn er nicht glaubt, "dass das letzte Barrel Öl je verbraucht wird".

Öl im Nahen Osten, in Russland und auf dem amerikanischen Kontinent

Laxer gibt in seinem Buch zunächst einen allgemeinen Überblick über Öl, seine Entstehung und Förderung um sich dann kurz dem Entstehen und der Entwicklung der modernen Ölgroßkonzerne in den USA und Großbritannien bzw. den Niederlanden zu widmen. Danach konzentriert sich Laxer in insgesamt drei Hauptkapiteln auf Politik und Sicherheit, soweit sie Ölindustrie und -förderung betreffen, in drei "kritischen Regionen der Welt". Das sind für Laxer der Nahe Osten, Russland und der Kaukasus und der amerikanische Kontinent. Dabei gibt der Autor, bis auf die Region Russland und Kaukasus - in diesem Kapitel beginnt er zeitlich erst nach dem Zusammenbruch der UdSSR -, zunächst einen kurzen historischen Überblick über die Entwicklung der Ölförderung und Ölindustrie, um sich dann den aktuellen politischen Gegebenheiten rund ums Thema Öl zu widmen. Das sind hauptsächlich der Irakkrieg und der US-Zugang zum Öl im Nahen Osten, die europäische Abhängigkeit vom russischen Öl und damit auch der russischen Politik und das Verhältnis und die Abhängigkeit der USA von den wichtigsten ölproduzierenden Staaten auf dem amerikanischen Kontinent. Laxer zeichnet hierbei - wieder mit Ausnahme Russlands und des Kaukasus’ -, den spannenden Zusammenhang zwischen historischer Entwicklung und aktueller politischer Situation nach.

"Peak Oil" und Klimakatastrophe

Zum Schluss seines Buches widmet sich Laxer dem sogenannten "Peak Oil", also dem Fördermaximum von Öl - nach Erreichen dieses Punktes beginnt die Förderung, zurückzugehen - und seinen Konsequenzen für Politik und Gesellschaft. Zudem geht er kurz auf das mit dem zurzeit noch steigenden Ölverbrauch, aber natürlich auch dem "Peak Oil", in Zusammenhang stehende, Problem der steigenden Umweltbelastung durch Öl bzw. hauptsächlich Benzin ein. Er stellt zwei verschiedene potenzielle Möglichkeiten vor, dem "Peak Oil" und einer drohenden Klimakatastrophe vorzubeugen: Zum einen "natürliche" Regulierung über den Markt und im Gegensatz dazu zum anderen staatliche Maßnahmen. Die erste Möglichkeit stellt er als wenig vielversprechend dar, da er den Verantwortlichen in der Industrie wenig traut. Daher präferiert er gemeinsames politisches Handeln auf möglichst internationaler Ebene. Wer allerdings das Buch liest und sich mit der Person Laxer, Politikwissenschaftler und "linker" Politikaktivist, auseinandersetzt, den wird dieses Ergebnis kaum überraschen.

Politik, keine Ökonomie

Laxers "Öl" ist ein politisches Buch. Wer sich, weiterführender als die obligatorische Beschäftigung mit Rockefeller und der US-amerikanische Antitrust-Politik, mit der Ökonomie rund um das Thema Öl befassen möchte, liegt bei Laxer falsch. Denn trotz seiner Beteuerung, sich in seinen drei Hauptkapiteln auch mit der Wirtschaft auseinanderzusetzen, tritt dieser Aspekt deutlich zu kurz. Ebenso leider zu kurz - und eigentlich auch völlig unverständlich - ist, dass sich Laxer nur sehr wenig mit Öl in Europa und vor allem Afrika beschäftigt. Europa besitzt immerhin auch eine lange "Ölvergangenheit" und bis heute wird hier Öl gefördert. Afrika, mit seinen relativ großen Ölreserven, ist gerade in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus großer Ölimporteure gerückt (siehe beispielsweise Sudan und die chinesischen Bestrebungen, dort den eigenen Hunger nach Öl zu stillen).

Wer aus politischer Sicht einen aktuellen Überblick über das Thema Öl in Amerika, Russland mit Blick auf Europa und dem Nahen Osten zusammen mit einem kurzen historischen Abriss über die Ölindustrie in den USA und Großbritannien, dazu nützliche Grundlagen über Entstehung und Förderung von Öl erhalten möchte, ist mit diesem Buch gut bedient. Die nichtwissenschaftliche Schreibweise des Buches, zusammen mit Kurzzusammenfassungen der wichtigsten Kernsätze pro Seite bzw. Abschnitt, machen Laxers Werk auch für Einsteiger und jüngere Menschen, die nicht mit der Materie vertraut sind, leicht verständlich und geben einen guten Einstieg in das Thema.

Robert Korntheuer
14.04.2008

 
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Das Buch:

James Laxer: Öl. Aus dem Englischen von Birgit Fricke

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Hildesheim: Gerstenberg Verlag 2008
144 S., € 9,90
ISBN: 978-3-8369-2585-3

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