Wissenschaften

Vom sumpfigen Tal zum Zentrum der Macht

Über das Forum Romanum, das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Zentrum des antiken Roms, gibt es unzählige Publikationen, die Fotografien der heutigen Ruinen oder Grundrisszeichnungen enthalten. Was jedoch Mangelware ist, sind Abbildungen der Gebäude und des gesamten Forums, wie es einst vor ca. 1500 Jahren einmal ausgesehen hat. Schwierig, sicher, aber nicht unmöglich, wie der Archäologe James E. Packer und der Architekt Gilbert J. Gorski mit ihrer Publikation, die sie schlicht "Das Forum Romanum" genannt haben, beweisen.

Das Forum Romanum, das einst auf sumpfigem Boden im Tal zwischen den drei Stadthügeln Kapitol, Palatin und Esquilin erbaut wurde, unterlag in den vielen Jahrhunderten seines Bestehens immer wieder Umbau- und Umgestaltungsmaßnahmen. Einige Kaiser feierten sich selbst mit Triumphbögen, diversen Göttern wurde Tempel gewidmet, um sie milde zu stimmen, und nach dem Untergang des Weströmischen Reiches fungierten die ausgedienten Gebäude als Baustofflieferant. Bis dahin jedoch wurde auf dem Forum Politik gemacht, Recht gesprochen, religiöse Riten wurden zelebriert oder man traf sich einfach auf einen lockeren Plausch oder um Geschäfte zu machen.

Nicht wenige Romliebhaber und Hobbyarchäologen haben sich angesichts des Ruinenfelds, das sich dem heutigen Romtourist offenbart, gefragt, wie dieses Areal wohl einmal in seiner Glanzzeit ausgesehen hat. Neueste 3D-Technik macht es möglich, die gesammelten Daten über Material, Aussehen und Größe der Gebäude zusammenlaufen zu lassen, so dass auf dem Computerbildschirm eine relativ real wirkende Rekonstruktion entsteht. Natürlich gibt es immer wieder Fragezeichen und Ungenauigkeiten, die sich trotz der guten Forschungsgrundlage nicht genau beantworten bzw. ausmerzen lassen. Aber für den Betrachter ergibt sich dennoch ein Gesamtbild, das die heutige Ruinenlandschaft in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt.

Packer und Gorski haben als Grundlage für ihre Darstellungen die Zeit um 360 n. Chr. angesetzt, da zu diesem Zeitpunkt die meisten der bekannten Gebäude noch erhalten waren. Im ersten Teil ihres Buches geben sie einen Überblick über die Geschichte des Forum Romanum in der Kaiserzeit. Das Herzstück des Buches bildet der folgende Teil, nämlich die Einzelbetrachtung der 18 bekanntesten Bauwerke mitsamt ihrer Geschichte und die Einordnung in das Gesamtkunstwerk "Forum Romanum". Ein Glossar hilft beim Verständnis einiger architektonischer und archäologischer Fachbegriffe, die sich jedoch für einen wissenschaftlichen Text im Rahmen halten. So kann man nebenbei sein eigenes kunstgeschichtliches Wissen über die korinthische, dorische und ionische Bauweise noch einmal auffrischen oder sich über verschiedene Marmor- und Gesteinsarten informieren.

"Das Forum Romanum" von Packer und Gorski lässt sich ohne Zweifel als Meisterwerk bezeichnen. Die beiden Autoren beweisen damit, dass sich moderne Computertechnik und uralte Architektur bestens vereinen lassen und dem Wissenschaftler wie auch dem Hobbyarchäologen bzw. dem interessierten Laien ein Ergebnis liefern, das man sich so vor einigen Jahrzehnten noch nicht erträumen konnte. "Das Forum Romanum" ist ein wahrlich "dicker Schmöker", den man einerseits wegen seiner vielen Abbildungen als prachtvolles Coffee Table Book - überhaupt nicht despektierlich gemeint - und andererseits aufgrund der Fülle an Quellennachweisen und Forschungsergebnissen als fundierte wissenschaftliche Veröffentlichung bezeichnen könnte. Sowohl für diejenigen Wissenschaftler geeignet, die sich mit diesem Fachbereich beschäftigen, als auch für interessierte Rom-Fans!

Sabine Mahnel 
11.04.2022

 
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Das Buch:

Gilbert J. Gorski, James E. Packer: Das Forum Romanum. Aus dem Englischen von Cornelius Hartz und Jörg Fündling

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Darmstadt: Verlag Philipp von Zabern 2021, 2. Auflage 436 S., € 100,00 ISBN: 978-3-8053-5108-9

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