Wissenschaften

An den Germanen gescheitert - vor den Römern triumphiert

26. Mai des Jahres 17 n. Chr.: Auf den Straßen Roms herrscht geschäftiges Treiben, die Bewohner säumen die Straßen und die Tribünen des Circus Maximus. Sie haben sich und ihre Stadt herausgeputzt, um den Feldherren Germanicus, Adoptivsohn des Kaisers Tiberius, mit einem Triumphzug in der Heimat willkommen zu heißen und zu feiern. Während Germanicus sich mit seinem Gefolge vom Marsfeld, wo er mit seinen Truppen campierte und auf den Einzug in die Stadt wartete, über diverse Foren, durch den voll besetzten Circus Maximus bis hin zum Kapitol bewegt, wird er von den Bürgern der Stadt Rom gefeiert.

Der Triumphzug, der eigentlich nur siegreichen und verdienten Feldherren gestattet wurde, hat im Falle des Germanicus einen faden Beigeschmack: Germanicus, der an der nördlichen Grenze des Römischen Reiches um die Zurückeroberung der im Jahre 9 n. Chr. in der Varusschlacht verlorenen Gebiete kämpfte, wird im Jahre 16 n. Chr. von seinem Adoptivvater und Kaiser Tiberius regelrecht zurückgepfiffen. Die Kämpfe in Germanien werden eingestellt, der Rhein bleibt fortan die Grenze des Römischen Reiches.

Dass Triumphzüge auch ohne konkrete Siege gefeiert werden konnten, macht u. a. auch deutlich, welcher Veränderung dieser Ritus in der römischen Kaiserzeit unterlegen war. Selbstdarstellung und Propaganda verdrängten immer mehr den rituellen und zeremoniellen Charakter des Triumphzuges, den dieser noch in der Zeit der Republik gehabt hatte.

Entwicklung und Bedeutung des römischen Triumphzuges wird im aktuellen Band der Reihe "Zaberns Bildbände zur Archäologie" mit dem Titel "Triumph ohne Sieg. Roms Ende in Germanien" erläutert. Dieser reich bebilderte und den aktuellen Stand der Forschung widerspiegelnde Band ist begleitend zur gleichnamigen Ausstellung im LWL-Römermuseum Haltern am See erschienen, die fast genau auf den Tag zum 2000. Jubiläum des Germanicus-Triumphzugs ihre Tore öffnet. Museumsleiter Rudolf Aßkamp und Kai Jansen, der als wissenschaftlicher Referent für die Sonderausstellung verantwortlich zeichnet, haben für den Begleitband verschiedene Beiträge zum Thema Triumphzug allgemein wie auch zu Germanicus´ "Triumph" im Speziellen zusammengetragen und am Ende auch die Frage gestellt: "Was wäre gewesen, wenn Germanicus wirklich gesiegt hätte?"

Thematisch umreißen die Kapitel ein breites Spektrum: Angefangen bei Augustus, seinen Germanenkriegen und denen des Germanicus bis zu der Frage, was passiert wäre, wenn Germanicus gesiegt hätte. Gäbe es Europa und vor allem Deutschland in seiner heutigen Form?

Neben der Beleuchtung des Spezialfalles Germanicus bietet der Band "Triumph ohne Sieg" auch einen allgemeinen Einblick in die Thematik. Wo hat der Triumphzug seine Wurzeln, was macht einen Triumphator aus, wem wurde der Einzug in und durch die Stadt gewährt und zu welchem Zweck? Einen besonders anschaulichen Einblick in die Praxis des Triumphzuges erhält man als Leser anhand des Kapitels, in dem man auf den Pfaden der siegreichen Feldherren wandelt, nämlich der Triumpzugstrecke durch Rom. Wo stellte man sich mit seinen Truppen auf? Über welche Plätze und durch welche Straßen zog der Sieger mit seinem Gefolge? Was war das Ziel des Zuges? Auch wenn die Quellenlage auf manche Fragen nur sehr dürftige bzw. gar keine Antworten geben kann, lässt sich doch eine Streckenführung durch das antike Rom aufstellen, die im Buch auch mit einer Karte dargestellt ist.

Als Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung bietet das Buch des herausgebenden Römermuseums Haltern am See denjenigen, die die Ausstellung besuchen konnten, eine interessante, gebündelte und vertiefende Nachlese und macht denjenigen, die vielleicht noch einen Besuch in Haltern planen, Lust auf eine Ausstellung, die ein ganz besonderes 2000. Jubiläum im Fokus hat. Aber auch ohne Besuch der Ausstellung ist "Triumph ohne Sieg" ein informativer Band zu einem Kapitel römisch-germanischer Geschichte, das im deutschsprachigen Raum seit den 1980er Jahren nicht mehr in einem Überblicksband dargestellt wurde.

Sabine Mahnel
06.06.2017

 
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Das Buch:

Rudolf Aßkamp, Kai Jansen (Hg.): Triumph ohne Sieg. Roms Ende in Germanien

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Darmstadt: Verlag Philipp von Zabern 2017
166 S., € 39,95
ISBN: 978-3-8053-5065-5

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