Hörbücher
Liebe , Leid und Leidenschaft in den Gassen Venedigs
Hexenverfolgung, Judenhass und Inquisition gepaart mit universellen Themen wie Liebe, Freundschaft und Hass sind die Grundpfeiler des neuen Werks von Luca Di Fulvio, dem italienischen Erfolgsautor, der zuletzt mit "Der Junge, der Träume schenkte" die Bestsellerlisten anführte. Sein neuer Roman "Das Mädchen, das den Himmel berührte" ist bereits am Titel unschwer als Nachfolger des Bestsellers zu erkennen, hat jedoch inhaltlich keinen Bezug zu seinem Vorgänger.
"Das Mädchen, das den Himmel berührte" spielt im Venedig des 16. Jahrhunderts. Gauner und Ganoven beherrschen die Gassen der Lagunenstadt, Huren verkaufen ihre Körper und Christen machen Hetzjagd auf Juden; das erste venezianische Ghetto entsteht. In dieser Zeit machen sich die Protagonisten des Romans auf den Weg in die Lagunenstadt. Die römischen Straßenkinder Mercurio, Zolfo und Benedetta müssen ihre Heimatstadt verlassen, da sie bei einem ihrer Diebeszüge einen Kaufmann getötet haben. Kurz vor ihrer Ankunft in Venedig treffen sie auf Isacco Negroponte und seine junge, hübsche Tochter Giuditta. Auch Isacco hat sich bisher als Betrüger und Gauner seinen Lebensunterhalt verdient, erhofft sich aber zusammen mit seiner Tochter einen Neuanfang in Venedig. Noch ahnen sie nicht, dass sie als Juden in Venedig bald gezwungen werden, im Ghetto zu leben.
Mercurio verliebt sich unsterblich in die schöne Giuditta, die von ihrem Vater, der nicht möchte, dass sie sich mit einem Straßendieb einlässt, streng bewacht wird. Den jungen Verliebten gelingt es jedoch immer wieder, sich heimlich zu treffen und Pläne für die Zukunft zu schmieden. Mercurio, der in einer Höhle aufgewachsen ist und keine Eltern hat, wünscht sich ein besseres Leben, ein Leben in Freiheit ohne Betrug und Diebstahl. Ein Schiff würde er gerne besitzen, um mit der Liebe seines Lebens in die Freiheit zu segeln. Doch dagegen hat nicht nur Giudittas Vater Einwände, sondern auch Benedetta. Sie ist eifersüchtig auf Giuditta und versucht alles, das junge Paar auseinander zu bringen. Als sie die Kleiderkollektion, die Giuditta in ihrem eigenen kleinen Laden verkauft, sabotiert und es so aussehen lässt, als wäre Giuditta eine Hexe, sieht Benedetta sich schon am Ziel ihrer Träume. Doch auch die Inquisition kann die alles überwindende Liebe von Mercurio und Giuditta nicht aufhalten.
Neben der Liebesgeschichte zwischen dem römischen Straßenjungen und der Jüdin Giuditta, die als Hexe verfolgt wird, entwickelt Fulvio weitere Handlungsstränge, die das Leben in einer italienischen Stadt im 16. Jahrhundert porträtieren. Isacco, der seinem Vater, der Arzt war, früher immer bei der Behandlung seiner Patienten zugesehen hat, steigt im Hurenviertel Venedigs zum wohltätigen Arzt auf, der sich um die an Syphilis erkrankten Prostituierten kümmert. Gut und Böse sind in Fulvios Roman klar erkennbar: Benedetta, Zolfo und Mercurio verkörpern die ganovenhafte Seite der Bevölkerung, während Giuditta und ihr Vater das Gute darstellen. Der Sprung von der bösen auf die gute Seite ist schwierig - Mercurio scheint immer wieder an den widrigen Umständen und dem abweisenden Verhalten Isaccos zu scheitern.
Die knapp 1000 Seiten der Buchausgabe wurden für das von Philipp Schepmann hervorragend gelesene bzw. fast schon gespielte - so sehr schlüpft er in die verschiedenen Rollen - Hörbuch auf 620 Minuten Lesezeit gekürzt. "Das Mädchen, das den Himmel berührte" ist ein durchweg runder Historienroman vollgepackt mit sympathischen und weniger sympathischen Figuren, die sich in einer derben und gefährlichen Welt bewegen und sich trotzdem ihre Träume nicht nehmen lassen. Für Fans von historischen Romanen ist das neue Werk Fulvios sicherlich ein weiterer willkommener Fund, der jedoch im Klappentext ein wenig den Hinweis auf die Erzählzeit, sprich die Ansiedlung der Geschichte im 16. Jahrhundert, vermissen lässt.
Sabine Mahnel
25.03.2013