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Homers Epos "Odyssee", vermutlich um die Wende vom 8. zum 7. Jahrhundert v. Chr. schriftlich festgehalten, gehört zu den ältesten und einflussreichsten Dichtungen der abendländischen Literatur. Es schildert die Abenteuer des Königs Odysseus von Ithaka und seiner Gefährten während der Heimkehr aus dem Trojanischen Krieg. Derweil war Gemahlin Penelope das Muster einer treuen Ehefrau. Sie wusste ihre zahlreichen Freier während der Irrfahrt ihres Gatten zu vertrösten, indem sie vorgab, sie müsse erst ein Totentuch für ihren Schwiegervater Laërtes weben. Doch in der Nacht trennte sie immer wieder auf, was sie am Tag gewebt hatte. Unter anderem davon erzählt Margaret Atwood in "Penelope und die zwölf Mägde" auf literarisch hohem Niveau.

Penelope - die spartanische Prinzessin gilt als Sinnbild der treu liebenden Ehefrau und Mutter, die jahrzehntelang geduldig die Heimkehr des heldenhaften Ehemanns erwartet. So erzählt es die »Odyssee«, aber ist es auch die Geschichte, die Penelope selbst erzählen würde? Nein, findet Margaret Atwood. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen hält ihre Penelope Rückschau auf ihr Leben, berichtet von der gnadenlosen Konkurrenz mit der hübschen Cousine Helena, von der Zwangsverheiratung mit Odysseus, einem Mann, dem der Ruf vorauseilte, ein Aufschneider zu sein, und den Intrigen und Skandalen am Hofe Ithakas. Ergänzt wird Penelopes Erzählung vom Chor ihrer Mägde, die ihren Dienst mit dem Leben bezahlten und nun nach Gerechtigkeit verlangen.

Was geschah außerdem? Drei Jahre lang gelang es Penelope, ihre Freier auf Abstand zu halten - nicht selten auf Kosten ihrer zwölf Mägde, die sich Penelopes Verehrern stattdessen anboten -, bis die treulose Dienerin Melantho sie verriet und die Freier sie bei ihrem nächtlichen Treiben überraschten. So entschied sie sich, den Freiern eine unmögliche Aufgabe zu stellen: Sie sollten mit Odysseus' Bogen zwölf Axtringe durchschießen. Keiner der Freier konnte den Bogen spannen. Nur dem inzwischen zurückgekehrten und von Athene als Bettler verkleideten Odysseus gelang dies, woraufhin er alle Freier tötete.

Ein besonders berauschender Genuss im CD-Player - "Penelope und die zwölf Mägde" gehört zu den Hörspielen, die in diesem Bücherwinter Pflicht sind. Hier erfährt man spannende Unterhaltung über gut dreieinhalb Stunden lang. Über solch grandioseste Unterhaltung vergisst man die Welt vollkommen um sich herum und würde es nicht einmal mitbekommen, wenn eine Bombe neben einem explodiert. Autorin Margaret Atwood beweist mit dieser Veröffentlichung außerdem: Sie ist eine Schriftstellerin, die ihresgleichen sucht. Ihr Können ist absolut atemberaubend, einfach nur wow, wow, wow! Mindestens ebenso genial sind die Sprecher*innen des vorliegenden Audiobooks. Nina Kunzendorf, Johanna Engel, Luise Pauline Ehl, Toni Pitschmann, Uwe Zerwer und Peter Schröder liefern nicht mehr und nicht weniger als eine Meisterleistung am Mikrofon ab. Ein Geniestreich für die Ohren!

Susann Fleischer 
21.11.2022

Margaret Atwood: Penelope und die zwölf Mägde. Aus dem Englischen von Marcus Ingendaay, Sabine Hübner

Sprecher: Nina Kunzendorf, Johanna Engel, Luise Pauline Ehl, Toni Pitschmann, Uwe Zerwer, Peter Schröder München: Der Hörverlag 2022 Spielzeit: 215 Min., € 22,00 ISBN: 978-3-8445-4709-2

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