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Klufti digital
Kommissar Kluftinger ächzt nicht nur unter der Hitze, die das Allgäu in Schach hält, sondern auch unter der Last seiner temporären Doppelrolle. Als interimistischer Polizeipräsident hat der Altusrieder Gesetzeshüter nun auch viele repräsentative Aufgaben zu übernehmen, was ihm überhaupt nicht behagt. So dieser Sommertage unter der sengenden Sonne an der Ausgrabungsstätte im nahegelegenen Pforzen: Dort hat nämlich ein Paläontologe einen Sensationsfund vermelden können. Der Urzeitaffe "Udo", benannt nach seinem Entdecker, scheint die Theorie zu nähren, dass bedeutende Wurzeln der Menschheit tatsächlich im Allgäu liegen könnten. Mit großem Bohei schlägt dort sogar der bayrische Ministerpräsident in Kluftingers Verantwortungsbereich auf. Doch die Feierlichkeiten finden ein jähes Ende, als die Leiche des wahren Udo, nämlich die des besagten Forschers, gefunden wird.
Noch mehr Probleme für Kluftinger, das kann er nun wirklich nicht gebrauchen: Die Hitze, seine Präsidentschaft und die Sorgen um die Enkeltochter. Letztere wird seit neuestem von einer Tagesmutter umsorgt, für Kluftinger völlig unverständlich, zumal diese Tagesmutter einige für einen Großvater sehr merkwürdige Erziehungsmethoden anwendet. Kluftinger fühlt sich herausgefordert, der werten Dame ein wenig auf die Finger zu schauen. So observiert er parallel zu den Verdächtigen im Pforzener Mordfall die Tagesmutter seiner Enkelin. Zu allem Überfluss zeigt sich Kluftingers Erika dieser Tage auch noch sehr engagiert bei einem Flohmarkt, auf dem viele von Kluftingers jahrelang vor sich hin gammelnden Habseligkeiten veräußert werden sollen. Dem Kommissar steht ein heißer Sommer bevor, in dem er an vielen Fronten seinen Mann stehen muss.
Wo Kluftinger draufsteht, ist auch Kluftinger drin! Wer sich "Affenhitze", den neuesten Roman aus der Feder von Volker Klüpfel und Michael Kobr, zulegt, der weiß genau, was ihn erwartet. Der mittlerweile zwölfte Fall aus dieser Reihe ist kein reinrassiger Kriminalfall, sondern bildet die Hintergrundkulisse für ein komödiantisches Feuerwerk der Extraklasse. Seit fast zwanzig Jahren schwimmen die beiden Allgäuer Schriftsteller mit ihrem liebenswerten Protagonisten auf einer Welle des Erfolges. Nun haben sie ihn auch noch befördert, zumindest zeitweise, was jedem eingefleischten "Kluftinger"-Fan natürlich die Sorgenfalten auf die Stirn zaubert. Wird er der neuen Herausforderung gerecht werden können oder unter ihrer Last für viel Heiterkeit sorgen? Klüpfel und Kobr lassen dieses Mal kein Themenfeld unbesetzt, sondern setzen Kluftinger auf allen Standbeinen unter Beschuss. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, denn wer hier nicht dauerschmunzelt, dem ist nicht mehr zu helfen.
Parallel zur Buchausgabe hat Hörbuch Hamburg eine ungekürzte Lesung von "Affenhitze" herausgebracht, die sich auf 13 CDs über mehr als 16 Stunden erstreckt. In guter Tradition übernehmen die beiden Autoren viele Passagen der Lesung selbst. Unterstützt werden sie dabei vom Schauspieler Martin Umbach, der mit der Lesung des Vorgängerromans "Funkenmord" die Rolle als zusätzlicher Sprecher von Christian Berkel übernommen hatte. Das Sprecher-Trio spielt sich geschickt die Bälle zu und sorgt damit für eine gelungene Abwechslung beim Hörerlebnis. Vor allem Kluftinger erweckt durch den Allgäuer Dialekt in den Stimmen von Klüpfel und Kobr beinahe zum Leben. Als Hörer genießt man CD für CD mit einem breiten Grinsen und in bester Laune. Wer Kluftinger liebt und mit Hörbüchern gut zurande kommt, der wird in dieser Reihe immer wieder bei der Audio-Ausgabe von Hörbuch Hamburg zuschlagen.
In "Affenhitze" haben die beiden Autoren einen besonders amüsanten roten Faden verlegt, denn Kluftinger entdeckt das digitale Leben und die sozialen Netzwerke. Sein Umgang mit Facebook und Co. sorgt für etliche Brüller und mag einen als Hörer an den einen oder anderen digitalen Novizen aus dem eigenen Umfeld erinnern. Doch scheinbar versteht es Kluftinger, mit den neuen Medien umzugehen. Sein Facebook-Auftritt wird tatsächlich zum viralen Hit! Sicherlich ist der Kriminalfall um den getöteten Paläontologen mit vielen Spuren und möglichen Verdächtigen großflächig angelegt, doch ist es garantiert nicht die diesbezügliche Spannung, weswegen man sich Jahr für Jahr immer wieder auf den neuen "Klufti" freut. Vielmehr ist es die gute Laune, die sich sofort einstellt, wenn man sich neuerlich gen Altusried bewegt und an die Fersen des sympathischen und schrulligen Kommissars heftet.
Christoph Mahnel
17.06.2022