Hörbücher
Die große Belastungsprobe
Donald Piral muss sehr arg gelitten haben in den letzten Stunden seines irdischen Daseins. Gefoltert, gefesselt und mit Löschkalk überschüttet, ist er gefangen in seinem Auto bei maximaler Heizungsleistung elendig zugrunde gegangen. Eine derartige Hinrichtung schreit natürlich nach einem starken Tötungsmotiv. So begeben sich Hauptkommissar Zorn und sein Partner, der dicke Schröder, erstmal zu Pirals Geschäftspartner Victor Kurtz. Obgleich dieser der große finanzielle Nutznießer von Pirals Tod ist, ergeben sich erstmal keine konkreten Anhaltspunkte für dessen Täterschaft. Doch Zorn ist sich sicher, Victor Kurtz schon einmal begegnet zu sein. Nach einigen Tagen des Nachdenkens fällt bei Zorn schließlich der Groschen. Anno 1992 hatten Piral und Kurtz dem jungen Zorn bei einem Urlaub in Venedig das letzte Geld gerippt. Doch für das Begleichen alter Rechnungen bleibt keine Zeit, da eine Autorin schnulziger Liebesromane ebenfalls das Zeitliche gesegnet hat, und dies nur kurz nachdem sie bei der Polizei aufgrund von ergangenen Drohungen um Schutz gebeten hatte.
Der neueste Fall für das dynamischste Polizei-Duo Deutschlands hat es wirklich in sich. Zorn befindet sich seit Schröders Auszeit wieder in der Rolle des Chefs, obwohl Schröder ihm zugesagt hatte, dass er sich früher oder später wieder in die Führungsposition begeben werde. Schröders Privatleben erfährt eine fundamentale Wendung durch das Auftauchen von Albert, dem neuen Freund und Mitbewohner Schröders. Eine Entwicklung, die der mitunter grobschlächtige Zorn nur schwer akzeptieren kann. Die Beziehung der beiden ungleichen Ermittler wird im vorliegenden Fall aufgrund einer von Zorn verfolgten Spur, die ins intime Privatleben Schröders führt, auf eine große Belastungsprobe gestellt.
Krimifans hierzulande sind Stephan Ludwig zutiefst dankbar dafür, dass er die bundesrepublikanische Ermittlerlandschaft mit Zorn und Schröder bereichert hat. Unausgesprochen ansässig in Halle an der Saale foppen und ergänzen sich die beiden Protagonisten gleichermaßen perfekt. Vor knapp acht Jahren erblickten sie in "Zorn - Tod und Regen" das Licht der Welt. In einer hochfrequenten Jahrestaktung jagte seither ein Bestseller den nächsten, so dass mehrere Bücher der Reihe sogar schon fürs Fernsehen verfilmt worden sind. "Zorn - Tod um Tod" lautet der Titel des neuesten und neunten Falles und bringt die Freundschaft von Zorn und Schröder wie nie zuvor in arge Bedrängnis.
Es hat von Anbeginn der Tage gute Tradition, dass ein Fall für Zorn und Schröder sowohl als Buch- als auch als Hörbuchausgabe erscheint. Glücklicherweise, da David Nathan höchstpersönlich den Lesungen seine Stimme leiht. Der Berliner Vielsprecher ist mit seiner markanten Stimme seit geraumer Zeit der begehrteste Vorleser auf dem deutschen Hörbuchmarkt. Dieses Mal darf er sich sogar ohne irgendwelche Kürzungen verlustieren; etwas mehr als elf Stunden lang dauert die ungekürzte Lesung, die auf einer mp3-CD erhältlich ist. Verantwortlich zeichnet für dieses Hörbuch übrigens erstmals steinbach sprechende bücher, nachdem anfangs noch der Argon Verlag die ersten Zorn-Hörbücher produziert hatte und später dann ab dem sechsten Fall der Audio Media Verlag. Aufgrund der hohen Popularität dieser Reihe hat sich schließlich immer noch ein Interessent für die Fortführung der Hörbücher gefunden. Welch ein Glück!
Trotz des Umstandes, dass die Zorn-Reihe mit Fall Numero Neun bereits ein wenig in die Jahre gekommen ist, stellt sich beileibe keine Langeweile ein. Im Gegenteil: Dadurch dass Stephan Ludwig die Figuren konsequent weiterentwickelt und mit Schicksalsschlägen wie auch freudvollen Entwicklungen konfrontiert, erfährt die Reihe eine Spannungslinie außerhalb der eigentlichen Fälle. Ob darüber hinaus Stephan Ludwig auch Erfolg ohne Zorn und Schröder haben kann, wird sich in Kürze zeigen. Mit "Unter der Erde" wird Ende Februar der erste Non-Zorn-Thriller aus der Feder Ludwigs erscheinen. Die Fans der beiden Ermittler werden gespannt und skeptisch dessen Erscheinung erwarten und sicherlich ganz genau prüfen, was Stephan Ludwig ohne seine beiden Helden aus Halle wert ist.
Christoph Mahnel
27.01.2020