Bildbände

24 Stunden im Leben von sieben Milliarden Menschen

Fotografien sind das Kommunikationsmittel unserer Zeit, das am leichtesten alle Grenzen - und nicht nur Staatsgrenzen, sondern auch Grenzen der Sprache und Kultur - überwindet. Kompakte Digitalkameras und allgegenwärtige Smartphones ermöglichen es uns, fast immer und überall Fotos zu machen, Augenblicke unseres Lebens für die Ewigkeit festzuhalten. Doch nur wenige der vielen Fotos, die tagtäglich mit der digitalen Technik unserer Zeit gemacht werden, werden jemals - abgesehen von den Postings in sozialen Netzwerken - veröffentlicht oder halten Einzug in die Medien oder gar die Geschichtsbücher.

Anders ist dies bei den Fotos, die am 15. Mai 2012 rund um den Globus geschossen wurden. Bei dem Projekt von Aday.org wurden sowohl Profi- als auch Amateurfotografen dazu aufgerufen, ihren Alltag zu fotografieren und für die Nachwelt festzuhalten. Insgesamt folgten über 60.000 Menschen aus 190 Ländern diesem Aufruf und sendeten Millionen von Bildern ein. Aday.org suchte davon 100.000 Fotografien aus, die auf die Website geladen wurden, während 1.000 davon Einzug in einen einzigartigen Bildband, namens "Ein Tag auf der Welt", hielten. Zusätzlich begleitet eine Wanderausstellung das ungewöhnliche Projekt, das der Menschheit die Möglichkeit gibt, ein Selbstporträt von sich anzufertigen und der Nachwelt zu hinterlassen.

Den Anfang des 500 Seiten starken Bildbands macht ein doppelseitiges Bild vom Nachthimmel über Peking, der von Blitzen durchzogen wird. Abgeschlossen wird das opulente Werk von der nächtlichen Skyline von New York. Dazwischen befinden sich Menschen, Situationen und Momentaufnahmen unterschiedlicher Couleur. Da gibt es eine Menschenmasse vor einem Kaufhaus in Singapur, die den Verkaufsstart eines neuen Computerspiels nicht erwarten kann, oder eine Gruppe Prostituierter in Madrid, die sich vor der Polizei versteckt, oder Luftaufnahmen von einem Buschfeuer in Colorado.

Auch alltägliche Situationen wie das Bus- und U-Bahn-Fahren wurden im Bild festgehalten - vollgestopfte oder wohl geordnete Massen in Bussen und Bahnen von Bangalore über Bangkok und Mexiko-Stadt bis Peking. Wie unterschiedlich es aussieht, wenn wir einem unserer Grundbedürfnisse nachgehen, nämlich dem Schlafen, wird einem bewusst, wenn man sich die vielen Bilder anschaut, auf denen die Menschen dieser Erde beim Schlafen fotografiert wurden. In Kanada liegt eine Frau in ihrem Bett mit iPhone und iPad neben sich, während Tagelöhner in Bangladesch am Straßenrand schlafen.

Auch Fotos mit etwas bekannterem Hintergrund und von politischem Interesse haben in den Bildband Einzug gehalten, z.B. ein Foto des havarierten Kreuzfahrtschiffes "Costa Concordia" vor der italienischen Küste - im Vordergrund Touristen, die sich einige Monate nach dem Unglück mit dem gekenterten Schiff im Hintergrund fotografieren lassen. Auch das Bad in der Menge, das der frisch gewählte französische Präsident François Hollande nach seiner Amtseinführung in Paris nimmt, wurde von einem Teilnehmer des Projekts abgelichtet.

"Ein Tag auf der Welt" avanciert mit so unterschiedlichen Fotografien wie das Leben in den Ländern dieser Welt - von ganz klein bis doppelseitig, von schwarz-weiß bis bunt, von Amateur- bis Profifotografie, von Smartphone-Foto bis Spiegelreflexkamera-Foto - zu einem Dokument unseres Lebens im Jahre 2012, das durch das "Einfrieren", das "Festhalten" gewöhnlicher Momente, vieler kleiner Augenblicke eines ganz normalen Tages eine Botschaft an die Gegenwart und die Zukunft sendet.

Sabine Mahnel
02.12.2013

 
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Das Buch:

National Geographic (Hg.): Ein Tag auf der Welt. Aus dem Englischen von Meike Grow

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Hamburg: National Geographic Deutschland 2013
512 S., € 45,00
ISBN: 978-3-86690-368-5

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