Romane

Die vergessenen Besiedler einer anderen Neuen Welt

Wir befinden uns in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das von einer lang andauernden Wirtschaftskrise geplagte Europa verzeichnet die wohl größte Umsiedlungsbewegung in der Geschichte der Menschheit. Wie allgemein bekannt ist, verließ der Großteil der Emigranten Europa, um in den USA sein Glück zu suchen. Eine Minderheit unter ihnen hatte jedoch ein anderes Ziel vor Augen. Angezogen durch das Versprechen der chilenischen Regierung, dass erfahrenen deutschen Bauern und Handwerkern im Gebiet der südchilenischen Seen Land zur Besiedlung zugeteilt werde, verließen sie ihre Heimat, um in Chile ein neues Leben zu beginnen.

Hier beginnt die Geschichte der aus einer verarmten Adelsfamilie stammenden jungen Elisa von Graberg, ihres Vaters Richard und ihrer Stiefmutter Annelie. Zusammen mit einer großen Schar Gleichgesinnter, die sich in Chile ein besseres Leben erhoffen, betreten sie im Jahre 1852 am Hamburger Hafen die "Hermann III" in Richtung Corral in der Nähe von Valdivia. Die Schwierigkeiten und Entbehrungen, mit denen die Besatzung des Schiffs zu kämpfen hat, übersteigen schnell die schlimmsten Befürchtungen von Elisa und den Auswandererfamilien, mit denen sie Bekanntschaft geschlossen hat.

Ein Lichtblick für Elisa auf der kräftezehrenden Überfahrt voller dramatischer Ereignisse ist der junge Cornelius, Neffe des Pastor Zacharias, der ihr bereits am Hamburger Hafen aus großen Schwierigkeiten geholfen hat und sie verliebt sich unsterblich in ihn. Doch schließlich geschieht das Unfassbare: Kurz vor dem Ziel bricht auf der "Hermann III" ein Brand aus und das Schiff kentert. Als sich die Überlebenden panisch in die Rettungsboote stürzen, werden Elisa und Cornelius getrennt. Hiermit jedoch nicht genug: endlich an Land fallen Elisa und ihre Mitstreiter dem zwielichtigen Haziendabesitzer Konrad Weber in die Hände. Ob sie das ihnen versprochene Land jemals erhalten werden? Und werden sich Elisa und Cornelius jemals wiedersehen? 

Mit "Im Land der Feuerblume" legt die österreichische Autorin Carla Federico einen historischen Roman vor, der auch Leser begeistern wird, die von der populären literarischen Gattung keine Überraschungen mehr erwarten. Der Überlebenskampf der deutschen Auswanderer beim Versuch, im fremden Chile ein neues Leben zu beginnen, wartet mit einem aufregenden, unverbrauchten Szenario auf und vermag den Leser mit seinem spannungsgeladenen Handlungsstrang von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln. Temporeiche Dramatik beherrscht Federico ebenso gut wie gefühlvolle Szenen, was die von Schicksalsschlägen durchzogene Auswanderersaga um Elisa und ihre Verbündeten ungemein mitreißend und berührend macht. Dazu ermöglicht es die feinfühlige Gestaltung von Federicos Figuren, die allesamt mit realistischen, menschlichen Stärken und Schwächen ausgestattet sind, mit ihnen jederzeit mitzufühlen, mitzulieben und mitzuhassen. Dass Freunde historischer Romane von "Im Land der Feuerblume" hingerissen sein werden, steht somit außer Frage. Doch auch Leser, die sich sonst nicht mit dem Genre beschäftigen und auf der Suche nach einem Roman sind, der Spannung, Exotik und Gefühl verbindet, werden Carla Federicos Auswanderersaga ohne Frage als fesselndes Leseerlebnis erfahren, das sie so schnell nicht vergessen werden.

Johannes Schaack
21.06.2010

 
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Das Buch:

Carla Federico: Im Land der Feuerblume

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München: Knaur Taschenbuch Verlag 2010
779 S., € 9,95
ISBN 978-3-426-50439-0

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