Romane

Ein Familiendrama nimmt seinen Lauf

Die französische Autorin Justine Lévy tritt in große Fußstapfen. Sie ist die älteste Tochter aus erster Ehe von Bernard-Henri Lévy, der als Philosoph und Publizist von sich Reden machte. Während er sich in seinen Texten selten mit kritischen Äußerungen zurückhält, mag es seine Tochter hingegen weniger philosophisch. Lieber erzählt vom Leben der Menschen und besonderen Situationen, denen sie sich ausgesetzt sehen. Für den semi-autobiografischen Roman "Nicht so tragisch" (erschienen 2005 im Kunstmann Verlag) erhielt die Autorin den "Prix Littéraire Le Vaudeville" und den "Grand Prix Littéraire de l'Héroïne Marie France". Aber auch ihr neuestes Werk "Schlechte Tochter" kann sich sehen lassen.

Louise, die von ihrer Mutter nie Liebe erfahren hat und daher in einen Dasein aus (Selbst-)Zweifeln und emotionaler Kühle feststeckt, steht vor der größten Herausforderung ihres Lebens. Während die krebskranke Mutter in einem Krankenhaus um ihr (Über-)Leben kämpft, erfährt Louise von ihrer Schwangerschaft. Ein Glück, das die Frau vor eine neue Aufgabe in ihrem Leben stellt. Denn wie kann sie ihrer Tochter ein Gefühl von Geborgenheit und Liebe vermitteln, wenn sie dies selbst nie erfahren hat? Aber durch die Unterstützung von Partner Pablo sieht Louise gefasst und recht furchtlos der neuen Zukunft entgegen. Die einzige Frage, die bleibt, ist, ob Louise ihrer Mutter von dem Kind in ihrem Bauch erzählen soll. Schließlich hat diese mit ihrem Kampf gegen den Krebs schon genug zu tun - zumal Louise Befürchtungen hat, dass die Begeisterung ihrer Mutter sich in Grenzen halten könnte. Das wäre für die junge Frau wie ein Schlag ins Gesicht, der das Mutter-Tochter-Verhältnis für immer zerstören könnte und Louise den Weg in eine glückliche Zukunft verwehren würde.

Ein guter Roman muss nicht immer 300 Seiten und mehr haben, um den Leser kurzweilige Unterhaltung zu schenken. Den besten Beweis hierfür liefert Justine Lévy mit ihrem dritten Roman "Schlechte Tochter". Nachdenkliche Szenen wechseln sich mit traurigen Momenten ab und (be-)rühren so das Herz des Lesers. Lévy zeichnet ein tragisches Familienpanorama nach, das in seiner Gefühlstiefe besticht und melancholische Stille in den heimischen vier Wänden hinterlässt. Damit reiht sich Lévy in die erste Riege der französischen Erfolgsautoren ein und wird in Bälde auch in Deutschland mehr als nur ein Geheimtipp sein.

Susann Fleischer
12.04.2010

 
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Das Buch:

Justine Lévy: Schlechte Tochter. Aus dem Französischen von Claudia Steinitz

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München: Antje Kunstmann Verlag 2010
176 S., € 17,90
ISBN: 978-3-88897-643-8

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