Romane
"Hexen müssen sich bekennen!"
Zehn Jahre nach der Vertreibung ihrer Familie ist Maria erneut auf der Flucht - diesmal vor ihrer streng religi?sen Mutter, welcher die "jungfr?uliche Unbeflecktheit" der Tochter mehr zu bedeuten scheint als deren Lebensgl?ck.
Im dritten Band der Romantrilogie "Maria" von Werner Engelmann begegnet die nach Freiheit und Selbstverwirklichung strebende 16-J?hrige der ?ppigen Lebensvielfalt des "Zwischenmenschen". Sie lernt Frauen und M?nner kennen, die Moralbegriffe in Zweifel ziehen, in deren Fesseln Maria aufgewachsen ist. Ja oder nein, schwarz oder wei?, m?nnlich oder weiblich - es gibt keine einfachen, absoluten Wahrheiten mehr!
Die junge Protagonistin befreit sich aus den Zw?ngen dogmatisch erstarrter Bilder und erk?mpft sich das Recht auf eine selbstbestimmte, lebens- und farbenfrohe Weiblichkeit ohne Angst und Schuldgef?hle. Ihre Liebe zu M?rchen, zur Literatur und zum Theater bieten Maria Halt und Orientierung, auch bei der Aufarbeitung traumatischer Kindheitserlebnisse. So wird aus dem willenlosen Gretchen eine wilde Boh?mienne.
"Nur wer stolz ist, geht aufrecht!"
Maria rei?t alle Br?cken hinter sich ab. Nur ihren Lippenstift, ihren feuerroten Rock und die tiefe Liebe zu M?rchen nimmt sie mit. Unterschlupf findet sie bei dem zehn Jahre ?lteren Michael, einem K?nstler, der Maria mit Achtung und Respekt begegnet und ihr Streben nach selbstbewusster Fraulichkeit unterst?tzt.
Maria und Michael kommen sich schnell n?her. Sie sieht sich als Dornr?schen, wachgek?sst von "Prinz" Michael. Maria denkt aber noch oft an ihre Mutter und an deren Bild der "reinen Jungfrau". Das lebensfremde Ideal einer Mutter, die trotz Geburt jungfr?ulich blieb - dieser Inbegriff vorenthaltener Weiblichkeit hat Marias Mutter zur geschlechtslosen Frau gemacht, die sich geb?ckt und voller Scham hinter einer grauen Fassade versteckt.
Z?gerlich gibt auch Michael Vergangenes von sich preis. Priester wollte er werden, doch seine Natur war st?rker als das Dogma, das Enthaltsamkeit und Selbstverleugnung von ihm verlangt und Sinnlichkeit mit S?nde verwechselt. Als Michael bekennt, in einen jungen Mann verliebt zu sein, wird Marias Toleranzf?higkeit auf eine harte Probe gestellt.
"In eine fremde Haut zu schl?pfen ist Balsam f?r die Seele."
Bei Marika, die am Theater so oft die Rolle der "Cs?rd?sf?rstin" gespielt hat und nun eine Kost?mschneiderei betreibt, findet Maria Arbeit und m?tterliche Zuwendung. Schnell erkennt die fr?here Schauspielerin das au?ergew?hnliche Talent des M?dchens und seine tiefe Liebe zum Theater. Immer ?fter wird die kleine Schneiderei zur B?hne, wenn Marika und Maria sich in jene Frauen, deren Kost?me sie anfertigen, verwandeln.
In der Rolle der Maria Stuart k?mpft Maria um ihre Freiheit - so als h?tte sie ihr Leben lang nichts anderes getan, als Theater zu spielen. Marika jedoch erkennt in der stolzen, dem Tode geweihten K?nigin ihre eigene Tochter Sara wieder, die als kleines M?dchen in Auschwitz starb. Nun hat Maria Saras Platz eingenommen und wird die Theaterleidenschaft ihrer m?tterlichen Freundin weiterleben. Nur kurze Zeit sp?ter stirbt die kleine, so liebevolle "Cs?rd?sf?rstin".
Nach Marikas Tod arbeitet Maria in der Parf?merie ihrer Freundin Madeleine, lernt Farben und D?fte professionell einzusetzen und unters Volk zu bringen. Endlich verdient sie mit ihrem Drang nach Ver?nderung, nach freier wilder Weiblichkeit nicht nur eigenes Geld, sondern kann auch anderen M?dchen und Frauen auf ihrem Weg zu sich selbst helfen.
Mit 21 kehrt Maria nach Hause zur?ck. Am Sarg der Mutter wird ihr bewusst, dass die nun so friedlich schlafende Frau den gleichen Kampf gek?mpft hat wie sie selbst. Sie hatte nie eine Chance und doch hat die Mutter durch ihr Verhalten Maria dazu bewogen, weiter zu k?mpfen - und zu gewinnen!
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Werner Engelmanns Werk ist der ?beraus gelungene Versuch, weiblichen Bed?rfnissen eine Stimme zu geben und ein von Bildung, Selbstbewusstsein, Lebensfreude und Vielfalt gepr?gtes Frauenbild zu zeichnen.
Der Autor gibt Frauen ihre W?rde zur?ck und holt sie heraus aus den Schatten ererbter Schuld, S?nde und Willenlosigkeit, wozu kirchliche Dogmen sie auf ewig verurteilt hatten.
Die Andersartigkeit von Menschen, etwa in Glaube, Hautfarbe, sexueller Orientierung, Lebensstil oder Aussehen versteht und vermittelt Engelmann als Bereicherung des gesellschaftlichen Lebens. Sein Roman ist ein Lehrbuch gegenseitiger Achtsamkeit und des tieferen zwischengeschlechtlichen und zwischenmenschlichen Verst?ndnisses.
Angesichts erstarkender fundamentalistisch-dogmatischer Lehren und neonazistischer Gewalt ist die Botschaft des Autors heute aktueller denn je:
"Wo aber Glaube wird zur Macht
und Macht zu Glauben wird,
da gibt es keine Grenzen mehr."
Mario Lichtenheldt
15.03.2010
Eine Lesung aus diesem Buch finden Sie hier:
http://www.autoren-tv.de/vorschaltseiten/bm09_engelmann_intro.html