Romane

Vom Suchen , Finden und meist leider auch Verfehlen des Glücks

"Manhattan Love Story" - die mögliche Assoziation des Titels der deutschsprachigen Ausgabe von Benjamin Markovits` zweitem Roman mit dem gleichnamigen Hollywoodfilm, der vor einigen Jahren über die Kinoleinwände flimmerte, verleitet zunächst zu einer falschen Erwartungshaltung gegenüber dem Roman. Markovits schreibt keine seichte, unterhaltsame Liebeskomödie über eine unstandesgemäße Liebe in Manhattan, sondern vielmehr ein tiefgründiges Porträt über vier Personen, die nach außen hin eine Gemeinsamkeit haben: Sie sind Lehrer und Schüler ein und derselben Schule in Manhattan.

Zunächst ist da die etwas farblose, verunsicherte, junge Biologielehrerin Amy, die gerade ihr Studium beendet hat und in New York ihre erste Stelle antritt. Sie verliebt sich in den reichen, weltgewandten Sohn eines stadtbekannten Juristen. In der zweiten Geschichte, die Markovits erzählt, begegnet der Leser dem schwulen Lehrer Mr. Peasbody, der sich plötzlich mit der Existenz einer fast erwachsenen Tochter konfrontiert sieht, was in ihm eine solch große Ablehnung hervorruft, dass er nicht nur seine Tochter und deren Mutter vor den Kopf stößt, sondern sich auch scheinbar ohne Grund von seinem langjährigen Lebensgefährten distanziert.

Im dritten Teil des Romans, dem "Frühling" - Markovits betitelt die Geschichten seiner Protagonisten mit den Jahreszeiten, beginnend mit dem Herbst, endend mit dem Sommer -, kämpft der in die Jahre gekommene Lehrer Mr. Englander mit Gefühlen für eine seiner Schülerinnen, während er davon träumt, aus seiner langjährigen, schal gewordenen Ehe auszubrechen. Rachel, besagte Schülerin, ist die Protagonistin des letzten Teils, in dem Markovits die schwierige und bedrückende Situation in ihrem Elternhaus beschreibt. Rachels Vater, der schon seit Jahren von ihrer Mutter geschieden ist, liegt im Sterben.

Auf der Oberfläche sind diese Personen zwar miteinander verknüpft, was jedoch ihr Innenleben betrifft, so lassen sie sich gegenseitig nicht in die Karten schauen. Und gerade ihr Innenleben ist das Interessante an diesem Roman. Mr. Englander fasst die Situation der vier Protagonisten in seinem Unterricht passend zusammen: "Verweigerst du das Handeln, eröffnen sich dir weiträumige Innenwelten." Obwohl Amy, Mr. Peasbody, Mr. Englander und Rachel nichts anderes suchen als die Liebe in all ihren verschiedenen Formen - und sie bisweilen auch finden - verlieren sie das Glück und die Liebe in den meisten Fällen selbstverschuldet wieder.

Wer einen "Liebesroman aus Manhattan" mit einer Handlung, die Anfang und Ende hat, erwartet, ist bei "Manhattan Love Story" nicht an der richtigen Adresse, denn dieser Roman gibt in vier kurzen Episoden vor allem Einblick in die Psyche der Menschen. Ausführlich beschreibt Markovits Zustände, Befindlichkeiten und Reaktionen, die nicht immer mit dem Verstand nachzuempfinden sind. Die einzelnen Episoden geben, da sie aus unterschiedlichen Perspektiven geschrieben sind, am Ende ein vielschichtiges Gesamtbild einer Gruppe von Menschen ab, die sich nach Veränderungen, nach Liebe und Glück sehnen, aber gefangen sind in ihren Vorstellungen und Rollen, so dass sie es nicht schaffen auszubrechen.

Sabine Mahnel
20.04.2009

 
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Das Buch:

Benjamin Markovits: Manhattan Love Story. Aus dem Englischen von Christa Krüger

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Frankfurt am Main: Insel Verlag 2009
276 S., € 19,80
ISBN: 978-3-45817-428-8

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