Romane

Literatur, die alles andere als nullachtfünfzehn ist

Olga, Tochter griechisch-georgischer Migranten und angehende Ärztin, müsste mit ihren 26 Jahren längst verheiratet sein. Das findet zumindest ihre Familie, hat dabei einen Landsmann vom Schwarzen Meer im Sinn. Schwierig für Olga, die sich selbst als Deutsche sieht, mit den Sitten aus der alten Heimat wenig anfangen kann und seit kurzem mit dem Arztkollegen Felix aus Norddeutschland liiert ist. Was sie will, ist das perfekte Spießerleben mit Mann, Haus, Kind und Karriere. Und tatsächlich ist Olga ihrem Ziel ganz nah. Träte nicht ausgerechnet jetzt der Lebenskünstler Jack in ihr Leben. Er treibt durchs Leben und nimmt alles, wie es kommt. Und ist damit das genaue Gegenteil von Olga. Dabei haben die beiden mehr gemein als es auf dem ersten oder zweiten Blick scheint.

Jack findet alles an Olga toll, auch ihre Herkunft, die sie selbst am liebsten verschweigen würde. Als sie nach Georgien reist, folgt er ihr. Doch es braucht unter anderem eine Kuh in Nöten, eine Hochzeitsfeier mit gezückten Pistolen und die Aufklärung alter Familienlügen, ehe Olga erkennt, welcher Weg für sie der richtige ist. Zuvor allerdings kommt es zu allerlei Irrungen und Wirrungen, spätestens als auch noch Felix in Tiflis auftaucht. Das Chaos scheint vorprogrammiert. Ein Herzinfarkt bringt Felix der Familie seiner Angebeteten näher, treibt Olga jedoch in die Hände von Jack. Herz und Gehirn, Liebe und Verstand/Vernunft sprechen zwei verschiedene Sprachen. Es bleibt am Ende nur eine Frage: Welche versteht Olga? Ist sie doch Wissenschaftlerin durch und durch ...

Herrlich, einfach nur herrlichst - die Geschichten aus Angelika Jodls Feder. Auch "Laudatio auf eine kaukasische Kuh" begeistert den Leser über alle Maßen. Die Story liest sich wunderbar amüsant, lässt es aber auch an Tiefgang und ganz viel (georgische) Seele nicht fehlen. Die Lektüre bringt Herz und Zwerchfell ordentlich in Bewegung, erinnert an ein großes Familientreffen, bei dem es abgeht wie eine Rakete. Die deutsche Autorin sorgt einmal mehr für Unterhaltung weit abseits des Mainstreams. Sie bringt den Leser zum Lachen, aber auch zum Weinen. Gleich ab dem ersten Satz des vorliegenden Buches ist jede Laus von der Leber vertrieben. Jodl kann schreiben, und zwar verdammt grandios. Ihr Können macht einen regelrecht schwindelig, und darüber hinaus sehr, sehr glücklich.

Langeweile? Schlechte Laune? Garantiert zu keiner Lesesekunde mit den Büchern einer Angelika Jodl. Denn in diesen steckt Wortwitz vom Feinsten, außerdem Erzählkunst, die noch mehr (freude)beschwipster macht als mehrere Gläser Sekt auf ex getrunken. Kaum "Laudatio auf eine kaukasische Kuh" aufgeschlagen, hat man ein extrabreites Grinsen auf den Lippen und strahlt mit der Sonne um die Wette. Da hält es einen vor lauter Lesespaß partout nicht mehr auf der Couch!

Susann Fleischer 
19.07.2021

 
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Das Buch:

Angelika Jodl: Laudatio auf eine kaukasische Kuh

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Köln: Eichborn Verlag 2021 336 S., € 18,00 ISBN: 978-3-8479-0068-9

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