Romane
Ein Geschenk von größter Seltenheit im Bücherregal
Ein Friedhof in der Nähe der Einflugschneise eines Flughafens: Karline Regenbein, eine bescheidene, im Abseits des Kunstbetriebs wirkende Malerin, ist seit dem Tod ihres Ehemannes in Trauer. Und das, obwohl er sie stets unterdrückt hat. Er hatte nie Verständnis für Karlines Bedürfnisse gezeigt. Seine dominante Art behinderte die junge Frau in ihrer Kreativität und damit in ihrem Schaffen. Und das, obwohl Rüdiger bei ihrem Kennenlernen selbst als Künstler tätig war. Er war Porträtfototgraf. Doch mit der Ehe verlor er seine Leidenschaft für die Kunst. Karline hingegen kämpft verzweifelt darum, ihre Identität nicht völlig zu verlieren. Doch mit Rüdigers Tod ist die Freiheit, zu tun und zu machen, wonach es ihr beliebt, noch fern. Das wissen Lore Müller-Kilian und Ziva Schlott nur zu gut.
Regelmäßig trifft sich das Triumvirat der Witwen, um die Grabstätten ihrer verstorbenen Männer zu pflegen: Lore Müller-Kilian, eine kapriziöse Industriellengattin mit Hang zur Champagner-Einsamkeit; die 80-jährige Kunstprofessorin Ziva Schlott sowie Karline Regenbein. Eines Tages taucht dort Eduard Wettengel auf. Auch er ist seit kurzem verwitwet. Mit einem Mal kommt Leben in die Trauergemeinschaft. Das weibliche Trio buhlt um die Gunst des Galeristen. Alle drei Damen kennen, sogar lieben Eduard noch von früher. Karline stellte bei ihm ihre ersten Werke aus, Ziva Schlott war Eduards Lehrerin an der Kunsthochschule und Lore Müller-Kilian eine seiner besten Kundinnen. Sein Auftauchen weckt alte Leidenschaften. Und so nehmen schon bald herrlich komische, bissig-schöne Verwicklungen ihren Lauf ...
Unterhaltung, die noch lange im Herzen verbleibt - Kerstin Hensel schreibt Romane von ungewöhnlicher Eindringlichkeit, emotionaler Intensität und Intimität. Man fühlt man ihren Protagonist(inn)en ab dem ersten Satz mit, lacht mit ihnen, weint mit ihnen und sehnt sich am Ende nach einem Happy End. "Regenbeins Farben" macht einen ganz schwindelig. Die deutsche Autorin lässt hier vor allem große Gefühle für sich sprechen. Sie braucht zum Erzählen ihrer Geschichten nicht viele Worte. Und doch hat man bei der Lektüre ihrer Bücher für einen Abend lang das Gefühl, einen Welt im Kleinen in den Händen zu erhalten. Jedes Wort in dem vorliegenden ist so rein, so wahr und so nachhallend. Ein ähnlich geniale Leseerlebnis erfährt man nur äußerst selten im Leben. Ein einmalig schöner Genuss!
Die Geschichten aus Kerstin Hensels Feder sind von einer außerordentlich poetischen Schönheit, die dem Leser dem Atem sowie die Sprache verschlägt. "Regenbeins Farben": absolut grandios vom ersten bis zum letzten Satz! Solche Literatur ist von größter Seltenheit im Bücherregal. Diese überwältigt einen wie kaum etwas anderes. Es gibt nichts Beerührenderes, außerdem Berauschenderes zwischen zwei Buchdeckeln. Das muss man lesen, unbedingt!
Susann Fleischer
11.01.2021