Romane
Marie Lacrosse' "Das Weingut"-Saga: ein Juwel unter den historischen Romanen der letzten Jahre
Nach ihrer Flucht aus den pfälzischen Schweighofen musste das ehemalige Dienstmädchen Irene schwer kämpfen. Sie verrichtete harte Arbeit in einer Tuchmacherfabrik, bekam aber kaum Lohn, um sich und Sohn Fränzel ein gutes Leben zu ermöglichen. Monate später ist all das vergessen. Irenes große Liebe, Weingutsbesitzer Franz Gerban, holt sie und Fränzel in die Pfalz zurück. Im April 1874 geben sich die beiden das Ja-Wort. Endlich kann Irene einer glänzenden Zukunft entgegensehen, ohne finanzielle Not und fernab widrigster Lebensbedingungen. Die Zwillingstöchter Sophia und Marie werden geboren, der Weinhandel läuft bestens und Franz steht kurz vor der Wahl zum Reichstagsabgeordneten. Doch das Glück ist trügerisch: Irene fühlt sich fremd in Franz' Welt der besseren Kreise.
Als Franz häufig auf Reisen ist, leidet Irene zunehmend unter der Einsamkeit und sucht sich eine Aufgabe. Sie beginnt, sich für die Rechte der Arbeiterfrauen einzusetzen, und trifft dabei ihren ehemaligen Geliebten, den Arbeiterführer Josef, wieder. Franz reagiert mit Eifersucht, ihre Beziehung droht zu zerbrechen. Irene reist immer wieder nach Frankenthal, macht Franz aber vor, sie besuche "Nähkurse" in Oggersheim und Landau. Ihr Geheimnis scheint sicher. Bis Irene wegen subversiver Umtriebe festgenommen wird. Sie ist das Opfer einer Intrige ihrer Schwägerin Mathilde. Um sie und seine Ehe zu retten, bleibt Franz nur ein Ausweg: Er muss die Wahrheit über Irenes und seine Herkunft offenbaren. Auch wenn dies bedeutet, seine politische Karriere aufs Spiel zu setzen ...
Ganz großes, außerdem berührendes Historienkino zwischen zwei Buchdeckeln - mit "Das Weingut" gelingt Marie Lacrosse ein "Downtown Abbey" in der deutschen Literatur. Hier erfährt man Unterhaltung, die einen über viele, viele Stunden lang gefangen nimmt. Ab dem ersten Satz von "Tage des Schicksals" verliert man sich vollkommen in der Handlung. Man unternimmt eine aufregende, unvergessliche Reise in vergangene Zeiten und gewinnt über gut 700 Buchseiten lang ein beeindruckendes Bild der gesellschaftlichen Verhältnisse Ende des 19. Jahrhunderts. Lacrosse' Romane sind aber noch weit mehr. Jeder kommt einer Verführung für alle Sinne gleich. Diese sind überwältigend, ein besonders seltenes Lesegeschenk. Ob solch eines Genusses verschlägt es einem den Atem. Absolut grandios!
Marie Lacrosse schreibt absolut fesselnd, leidenschaftlich und mitreißend. Die Geschichten aus ihrer Feder sind ein unvergleichlich berauschendes Lektüreerlebnis, voller historischer Detailgenauigkeit, packender Spannung und großer Gefühle bis zum letzten Satz. Ihre "Das Weingut"-Trilogie ist ein Juwel im Bücherregal. Mit dieser kriegt man Literatur in die Hände, die den Leser vor Glück geradezu überwältigt. Band drei, "Tage des Schicksals", bedeutet Erzählkunst auf höchstem Niveau. Einfach nur zum Niederknien!
Susann Fleischer
06.01.2020