Romane

Ein Barde weiß fantastisch zu erzählen

Kevin Hearne ist durch seine erfolgreiche Urban-Fantasy-Saga "Die Chronik des Eisernen Druiden" einem breiteren Publikum bekannt geworden. Auch sein neues Werk "Das Spiel des Barden" ist wieder Teil einer Reihe, jedoch eher im Bereich der klassischen Fantasy angesiedelt. Im Zentrum der Geschehnisse steht die Welt Teldwen, deren Bewohner magische Kräfte erlangen können, wenn sie sich einer lebensgefährlichen Prüfung stellen. Bisher sind sechs dieser sogenannten Kennings bekannt, die Macht über einen bestimmten Aspekt der Natur verleihen. Doch eines Tages fällt eine Armee geheimnisvoller Invasoren in den Norden Teldwens ein. Doch das ist längst nicht die einzige Bedrohung.

Kevin Hearne benutzt eine besondere Erzählstruktur, indem er große Teile der Geschichte vom Barden Fintan schildern lässt, der sich beim Vortrag immer in eine Figur verwandelt und vergangene Erlebnisse aus deren Perspektive schildert. Die aktuellen Ereignisse erfährt der Leser hingegen aus der Sicht des Historikers Dervan, der den Auftrag hat, mit Fintan zusammenzuarbeiten. Das mag zu Beginn etwas verwirrend sein, zumal Kevin Hearne seine Leserschaft auch noch mit einer Reihe unbekannter Begriffe konfrontiert, ohne diese zu erklären. Gleichzeitig stellt dies aber auch einen Reiz des Buchs da. Denn hier gibt es eine unbekannte Welt mit vielen spannenden Aspekten und Ideen zu entdecken, wenn der Leser bereit ist, sich darauf einzulassen, und nicht darauf besteht, dass ihm alles vorgekaut wird.

Auch die große Zahl an Perspektiven ist eine kleine Herausforderung. Allerdings ist dem Buch eine Liste mit den wichtigsten Charakteren vorangestellt, die einige Erläuterungen und sogar Porträts der einzelnen Figuren bietet. Kevin Hearne gelingt es, die einzelnen Charaktere lebendig und vor allem unterscheidbar zu gestalten. Dabei verleiht er jeder Figur einen etwas anderen Sprachduktus, der bis in die die verwendete Metaphorik reicht.

Ein weiterer Pluspunkt ist das vergleichsweise neuartige und gut durchdachte System der Magie, das zudem für einige beeindruckende und teilweise sogar epische Ereignisse verantwortlich ist, die der Autor ansprechend schildert. Das Spannungsniveau steigt langsam an und erreicht im letzten Teil des Romans seinen Höhepunkt. Hier zieht Kevin Hearne das Tempo merklich an und lässt den Barden in relativ kurzen Abständen zwischen den Perspektiven von Kontrahenten wechseln, die gerade miteinander kämpfen. Lob verdient auch die Übersetzung von Urban Hofstetter aus dem amerikanischen Englisch. Diese liest sich nicht nur flüssig, sondern wird auch den eingestreuten Gedichten und Liedern gerecht.

Warum allerdings aus dem Originaltitel "A Plague of Giants. Book One of The Seven Kennings" im Deutschen "Das Spiel des Barden" geworden ist, bleibt ein Rätsel - zumal im deutschen Titel der Hinweis auf die Reihe fehlt. Zudem erlaubt sich Kevin Hearne einige Kunstgriffe, damit er seinen Barden die Ereignisse schildern lassen kann. So führt etwa eine überraschend große Anzahl der Figuren Tagebücher, die dann mehr oder weniger glücklich in Fintans Hände fallen. Das wirkt etwas konstruiert, zumal sich letztlich nicht wirklich alle Ausführungen des Barden so zu 100 Prozent erklären lassen.

Mit "Das Spiel des Barden" beweist Kevin Hearne, dass er auch die klassische Fantasy bereichern kann. Dabei kreiert eine vielschichtige Welt mit einem facettenreichen Magiesystem und einer interessanten Erzählperspektive, die trotz kleinerer Schwächen, ihren Reiz hat.

Ingo Gatzer 
03.06.2019

 
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Das Buch:

Kevin Hearne: Das Spiel des Barden. Aus dem Amerikanischen von Urban Hofstetter

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München: Knaur Verlag 2019 816 S., € 16,99 ISBN: 978-3-426-52329-2

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