Romane
Ein fesselnder Historienschmöker über einen der weltveränderndsten "Revolutionäre" des 19. Jahrhunderts
Sankt Wendel im Saarland, 1829: Helena "Lenchen" Demuth wächst als Tochter eines Tagelöhners, Ackerers und Bäckers in Armut auf. Als ihr geliebter Vater stirbt, geht die Neunjährige nach Trier. Dort begegnet sie Jenny von Westphalen. Die beiden werden schon bald gute Freundinnen, wenn auch die Gesellschaft Lenchen in eine andere Rolle zu zwingen versucht. In Zeiten von Ausbeutung muss sich Lenchen schon früh als Dienstmädchen verdingen. Im Haushalt der Familie von Westphalen geht sie ihren täglichen Pflichten nach. So vergehen die Jahre. Bis Jenny, deren Bruder mit dem Anwaltssohn Karl Marx eng befreundet ist, mit Karl nach Brüssel geht, während Lenchen in Trier bleibt. Monate später verlässt auch sie Deutschland, um sich um das Wohl von Jenny und Karl Marx zu kümmern.
Sie wird bald zu einer engen Vertrauten, Gesprächspartnerin, Ratgeberin und Kritikerin von Marx und Friedrich Engels. Fasziniert verfolgt sie deren Studien und erkennt, dass diese auch mit ihrem eigenen Leben zu tun haben. Neben ihrer alltäglich körperlich schweren Arbeit, kümmert sich Lenchen hingebungsvoll um die Kinder der Familie Marx. Lange Arbeitstage, viele Entbehrungen, ein Leben im Schatten, ein Leben, um zu dienen. Ein Leben an der Seite des großen Revolutionärs Karl Marx. Und doch ist Lenchen für Karl eine wichtige Stütze, eine wertvolle Gefährtin, den sie mit ihren Gedanken auf den richtigen Weg bringt. Aber es ist kein unbeschwertes Zusammensein. Die Verfolgung durch den preußischen König zwingt Lenchen und Familie Marx zur Flucht nach Paris und schließlich London.
Doch dann verliebt sich Lenchen rettungslos in Karl Marx. Als Jenny für mehrere Tage die beiden allein lässt, nutzen sie die Gunst der Stunde, mit ungeahnten schlimmen Folgen für sie: Lenchen erwartet ein Kind. Plötzlich steht nicht nur ihre Freundschaft mit Jenny, sondern auch die Arbeiterrevolution von Marx und Engels auf dem Spiel. Lenchen muss kämpfen, für ihre Liebe zu Karl und für seine Pläne des Sozialismus. Im Londoner Exil droht ein Drama, das alles zerstören könnte, was Lenchen lieb und teuer ist ...
Literatur mit ungeheurer Sogwirkung - die Geschichten von Claudia und Nadja Beinert nehmen einen über viele, viele Stunden lang vollkommen gefangen. In diesen wird Historie zu einem Erlebnis für alle Sinne. Die Schriftstellerinnen geben starken Frauen eine Stimme. "Revolution im Herzen" widmet sich Helena "Lenchen" Demuth, die bei Karl Marx und dessen Frau Jenny ein Zuhause fand. In 480 Seiten spürt man dem Leben Lenchens nach. Solch ein Lesegenuss lässt den Leser vergessen, dass er darüber hinaus eine äußerst aufschlussreiche Geschichtsstunde erfährt. Mit tiefer historischer Kenntnis verweben die Beinert-Schwestern Fakten und Fiktion zu einem einfühlsamen Roman um eine geheime große Liebe. Nur den wenigsten gelänge ein ähnliches Lektürehighlight. Absolut grandios!
Das Autorenduo Claudia und Nadja Beinert schreibt Historienkino der berauschend-schönen Sorte. In diesen werden außerdem vergangene Zeiten wieder lebendig. "Revolution im Herzen" bringt dem Leser das Leben und Schaffen des deutschen Philosophen, Ökonomen, Gesellschaftstheoretikers und politischen Journalisten Karl Marx näher, als es je eine Biographie könnte. Man lernt ihn von einer ganz anderen, von seiner persönlichsten Seite kennen.
Susann Fleischer
23.07.2018