Krimis & Thriller
Am Ende der Erde
In den Urlaubsorten an der Atlantikk?ste der Bretagne herrscht bereits Hochbetrieb. Inmitten des fr?hlichen Treibens ersch?ttert pl?tzlich ein Mord Einheimische wie Touristen: Pierre-Louis Pennec, der 91-j?hrige Besitzer des Hotel Central in Pont Aven, wird eines sch?nen Morgens im Restaurant seines eigenen Hotels erstochen aufgefunden. Eine ganze Gegend steht unter Schock. Denn wer ermordet einen
91-j?hrigen Menschen, der in seiner Gemeinde beliebt war und Hochachtung genoss? Der erste Fall f?r Kommissar Dupin k?nnte kaum komplizierter sein!
B?swillig und oberfl?chlich betrachtet k?nnte man behaupten, dass Jean-Luc Bannalec mit seinem Deb?troman "Bretonische Verh?ltnisse" mitschwimmen m?chte im erfolgversprechenden Fahrwasser eines Martin Walker, der seinen Provinzpolizisten Bruno in einer beliebten franz?sischen Urlaubsgegend, dem P?rigord, seit einigen Jahren ermitteln l?sst. Doch sticht das vorliegende Buch dank seines gelassen agierenden Protagonisten und seiner klugen Konstruktion aus der Masse der lokalen Kriminalromane deutlich heraus und verdient ein n?heres Hinsehen.
Georges Dupin, ein ehemaliger Pariser Polizist, war vor einigen Jahren zwangsversetzt worden in das bretonische Department Finist?re, das seinen Namen aus dem lateinischen "Finis Terrae" ableitet und ?bersetzt schlicht das ?Ende der Erde? bedeutet. So in etwa f?hlte sich Dupin auch zu Beginn seines Wirkens in Concarneau, doch scheint er mittlerweile Gefallen an der Gegend und der malerischen K?stenlandschaft gefunden zu haben. Bannalec beschriebt diese in "Bretonische Verh?ltnisse" so faszinierend und einladend, dass man als Leser seinen n?chsten geplanten Urlaub sofort stornieren und umbuchen m?chte, um die Gegend rund um Brest und Quimper erkunden und genie?en zu d?rfen.
Im Mordfall Pennec scheint es ob der Prominenz und trotz der Beliebtheit des Ermordeten einige Verd?chtige und Motive zu geben. Neben einer offenbar ehemaligen Geliebten Pennecs bieten vor allem recht gereizte Familienverh?ltnisse zum Sohn und zum Bruder des Ermordeten geeignete Ermittlungsans?tze. Doch aufgrund des dramatischen Gesundheitszustandes Pennecs stellt sich vor allem die Frage, warum jemand nicht die Zeit ihre Aufgabe hat erledigen lassen, sondern den todkranken Hotelbesitzer aktiv ermorden musste. Dupin kombiniert schnell und sicher, dass Gem?lde und die K?nstlerschule von Pont Aven rund um Paul Gauguin der Schl?ssel zur L?sung sind. Doch als wenige Tage nach dem ersten Mord eine zweite Leiche gefunden wird, nimmt die Handlung eine Wendung und rasant an Fahrt auf.
Der erfahrene Leser wird rasch feststellen, dass mit Dupin ein Kommissar die B?hne betreten hat, der stark einem ehemaligen Pariser Kollegen vom Quai des Orf?vres ?hnelt. Kein Geringerer als Maigret h?chstpers?nlich scheint das unausgesprochene Vorbild Dupins zu sein, der wie sein ber?hmter Vorg?nger unaufgeregt agiert und kombiniert, der die Leute ohne Vehemenz oder Druck zum Reden bringt und der beharrlich und kompromisslos seinen Fall vorantreibt und zur L?sung bringt.
Bannalec hat mit seinem Erstling und seinem sympathischen Ermittler einen perfekten Start hingelegt, der Lust auf mehr macht. Das Potential dazu ist ohne Frage vorhanden und scheint in den kommenden Jahren nur noch abgerufen werden zu wollen. Die Person des kaffees?chtigen Georges Dupin bietet noch viel Raum zur Entwicklung, da dessen Charakterisierung aufgrund der Dringlichkeit des Falles bewusst klein gehalten scheint. Auch h?lt die wundervolle Gegend am nordwestlichsten Zipfel Frankreichs noch viel bereit, was zu Erkundungen und Ermittlungen einl?dt, denn Morde scheint es selbst in dieser abgelegenen Gegend immer wieder zu geben. Monsieur Bannalec, bitte ?bernehmen Sie Ihren Auftrag und weiter so!
Christoph Mahnel
12.03.2012