Krimis & Thriller

Tödlich ists im dunklen Wald

Deputy Brynn McKenzie vom Kennesha County Sheriff´s Department freut sich eigentlich auf einen ruhigen Feierabend im Kreise ihrer Familie, als sie von ihrem Chef gebeten wird,einem ominösen Notruf nachzugehen, der vom Lake Mondac aus abgegeben worden ist. Da der per Handy abgesetzte Hilferuf aus der im April noch weitestgehend menschenleeren Gegend eines Naturschutzparks bereits nach einem Wort abbrach, weiß die Polizistin nicht, was sie dort erwartet. So gelangt sie in Jeffery Deavers neuem Thriller "Nachtschrei" schließlich zu einem alten Ferienhaus, in dem sich an diesem Abend eine blutige Tragödie ereignet hat.

Brynn, der kurz vor ihrem Ziel mitgeteilt wird, dass der Anrufer vom See mittlerweile Entwarnung gegeben und versichert habe, dass alles in Ordnung sei, möchte sich persönlich davon überzeugen, dass es sich nicht um einen Fall von vertuschter häuslicher Gewalt handelt. Was sie in dem Haus am See dann wirklich vorfindet, ist jedoch wesentlich schlimmer: In der Küche liegen die Leichen des erschossenen Ehepaars Emma und Steven Feldman. Und wie die Polizeibeamtin schnell erfahren muss, sind die beiden Killer der Anwältin und des Sozialarbeiters aus Milwaukee noch am Tatort. Das mörderische Duo Hart und Lewis hat allerdings nicht nur das Problem, dass Deputy McKenzie plötzlich auf der Bildfläche erschienen ist. Die beiden sind außerdem auf der Suche nach einer Augenzeugin ihres Verbrechens, die sich, nachdem sie Hart in den Arm geschossen hatte, in den Wald retten konnte.

Auf Ihrer Flucht vor den Tätern, die ihr schnellstmöglich den Garaus machen wollen, trifft Brynn im Unterholz also auf die junge Michelle, die als Gast der Feldmans mit ansehen musste, wie ihre Freunde erschossen wurden. Die taffe Polizistin und das zarte Großstadtpflänzchen verbünden sich schließlich, um sich gemeinsam durch die Wildnis zum Highway durchzuschlagen. So entwickelt sich ein mörderisches Katz- und Maus-Spiel zwischen den ungleichen Frauen und ihren todbringenden Verfolgern, in dem sich die beiden Parteien gegenseitig an der Nase herum zu führen versuchen. In diesem taktischen Geplänkel auf Leben und Tod erweisen sich Deputy McKenzie und Auftragskiller Hart als gewiefte Gegner auf Augenhöhe, die sich gegenseitig fast schon so etwas wie Hochachtung für ihre Finten zollen. In die tödliche Jagd greifen schließlich noch Brynns Ehemann Graham, der sich Sorgen macht, als sich seine Frau entgegen ihrer Gewohnheit nicht am Handy meldet, und ihre dadurch ebenfalls beunruhigten Kollegen ein. 

Nach einer hochspannenden Hetzjagd durch unwegsames Gelände mit jeder Menge Hindernissen und unliebsamen Überraschungen, welche in der Dunkelheit auf Jäger und Gejagte lauern, kommt es schließlich zum Showdown am Rettung verheißenden Highway. Dort entwickeln sich die Dinge jedoch ganz anders als von Brynn erhofft und das Bild, zu dem sich der Fall für die Polizei bereits zusammengesetzt hatte, zerfällt in Tausende von Puzzleteilen, die wieder neu zusammengesetzt werden müssen. Denn die Rollen von Tätern und Opfern werden plötzlich völlig neu verteilt.

Mit "Nachtschrei" legt Jeffery Deaver einmal mehr einen brillanten psychologischen Thriller vor und treibt nicht nur seine Protagonisten über die Grenzen des Erträglichen hinaus. Deaver stellt ungemein starke Charaktere als absolut ebenbürtige Individuen in eine Konfrontation auf Leben und Tod. Als Kulisse verstärkt die scheinbar undurchdringliche Wildnis in stockdunkler Nacht die Bedrohlichkeit dieser tödlichen Jagd dabei um ein Vielfaches. Dadurch, dass sich Gejagte und Jäger meisterlich ineinander hineinzuversetzen im Stande sind, erhält das Geschehen eine ungeheure Tiefe, die zur Atemlosigkeit des Handlungsverlaufs einen wesentlichen Beitrag leistet. Zusätzlich lässt das Prinzip der steten Steigerung, das Jeffery Deaver wie kaum ein anderer Autor zu nutzen versteht, den "Nachtschrei" schrill in den Ohren des Lesers gellen. Ein heißer Anwärter auf den Titel "Thriller das Jahres"!

Christian Götz
01.11.2010

 
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Das Buch:

Jeffery Deaver: Nachtschrei. Aus dem Amerikanischen von Thomas Haufschild

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München: Blanvalet Verlag 2010
512 S., € 9,95
ISBN: 978-3-442-37471-7

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