Krimis & Thriller

Mittelalterliche Detektivgeschichte

Man schreibt das Jahr 1385. Im Herzogtum Steiermark treibt seit geraumer Zeit eine Räuberbande ihr Unwesen, die Graf Friedrich von Saurau und Otto Metschacher, dem Prior des Bendiktinerstiftes von Admont, stark zusetzt. Als auf den Ländereien des Klosters schließlich eine Gruppe venezianischer Kaufleute, die unter dem Schutz des Grafen reist, entführt wird, beschließen die beiden, den einzigen Mann mit den Ermittlungen zu betrauen, dem man die Lösung des Falls zutrauen kann: Wolf von der Klause.

So beginnt für den Klausner gewissermaßen ein überdimensioniertes Schachspiel gegen einen gewieften Taktiker, der den Ermittler immer im Auge hat und ihm stets einen Schritt voraus ist. Wolf ist von Anfang an klar, dass er seinen Gegenspieler im Kreis der Vertrauten des Grafen suchen muss, denn er hinterlässt unverkennbar seine Spuren auf Burg Gallenstein und scheint über alle internen Vorgänge bestens informiert zu sein. Doch wer steckt unter der Maske des weißen "Abtes", der dem verbrecherischen "Orden vom Ring" vorsteht? Und wer verbirgt sich hinter dem maskierten und ganz in Rot gewandeten "Prior"?

Aber nicht nur das Schicksal der verschleppten Venezianer beschäftigt Wolf von der Klause. Auch die Ermordung der Familie des Köhlerjungen Bertram, dem er seit Jahren väterlicher Freund und Lehrer zugleich ist, wirft Fragen auf. Bei der Begehung des Tatorts macht Wolf nämlich eine makabre Entdeckung: Dem jungen Paul, einem Knaben in Bertrams Alter, der sich häufiger bei der Köhlerfamilie aufhielt und ebenfalls zu den Opfern zählt, wurde die große Zehe des rechten Fußes abgeschnitten. Im Zusammenhang mit diesem Mordfall stößt Wolf immer wieder auf das Wappen des "Ebers von Rieden", der sich als sein zweiter großer Kontrahent entpuppt. Er trachtet Bertram nach dem Leben, da dessen wahre Identität seinem Machtstreben im Wege steht.

Neben der packenden Kriminalhandlung bringt der Autor mit der Figur der Katharina von Klingfurth zusätzliche Würze ins Spiel. Während des Überfalls auf die Handelsreisenden, denen sie sich angeschlossen hat, um sicher nach Salerno zu gelangen, wo sie Medizin studieren möchte, kann sie als einzige fliehen. Katharina ist als äußerst selbstbewusste und selbständige Frau eine frühe Vertreterin der Emanzipation. Sie steht Wolf im Laufe des Geschehens immer mehr mit Rat und Tat zur Seite und so kommen sich die beiden auch zwischenmenschlich recht nahe.

Peter Orontes ist mit seinem historischen Kriminalroman "Der Seelenhändler" ein beachtliches schriftstellerisches Debüt gelungen, dem die dreijährige Recherchearbeit des Autors deutlich anzumerken ist. Er stellt dem Leser ein umfangreiches Glossar zur Seite, mit dessen Hilfe es leichtfällt, sich in die Zeit des ausgehenden Mittelalters hineinzuversetzen. Geschickt verknüpft Orontes geschichtliche Realität und literarische Fiktion und schafft so ein starkes Spannungsfeld, in dem sich sein Held Wolf von der Klause bewähren muss. Dieser ist nicht nur aufgrund seiner schleierhaften Vergangenheit, die weitestgehend im Dunkeln bleibt, mit allem ausgestattet, was einen interessanten Charakter ausmacht. Seine herausstechendsten Eigenschaften sind sicherlich seine scharfe Beobachtungsgabe und sein außerordentliches Kombinationsvermögen - beides erinnert nicht von ungefähr an William von Baskerville, den mittelalterlichen Detektiv aus Umberto Ecos "Der Name der Rose". In jedem Fall darf man sich schon jetzt auf einen weiteren spannenden Roman um den geheimnisvollen Ermittler Wolf von der Klause freuen, der sich bereits in Vorbereitung befindet.

Christian Götz
27.04.2009

 
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Das Buch:

Peter Orontes: Der Seelenhändler. Historischer Kriminalroman

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Köln: fredeboldundfischer Verlag 2009
608 S., € 16,95
ISBN: 978-3-939674-19-1

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