Krimis & Thriller

Und wieder nur 48 Stunden

In Concarneau fällt der angesehene Arzt Docteur Chaboseau aus dem Fenster und landet direkt vor dem Amiral: tot. Kommissar Dupin, dem einige unruhige Pfingsttage mit den Schwiegereltern bevorgestanden hätten, stürzt sich sofort in die Ermittlungen: Ein Toter vor der eigenen Haustür, sogar vor seinem Lieblingsrestaurant, das hatte er seit seiner Abkommandierung in die Bretagne noch nicht erleben dürfen. Dupin beginnt zu recherchieren, obwohl ihm sein gesamtes Kernteam fehlt: Sowohl Nolwenn als auch seine beiden Inspektoren haben frei und sind nicht erreichbar. Unterstützt durch zwei neue Kolleginnen bringt Dupin in Erfahrung, dass Chaboseau zusammen mit einem Apotheker und einem Weinhändler in viele Projekte, Unternehmen und Immobilien in Concarneau und Umgebung investiert hatte. Ergo taucht der Kommissar genau dort ab, um den mutmaßlich gewaltsamen Tod des Arztes aufzuklären.

Der achte Dupin-Krimi aus der Feder Jean-Luc Bannalecs trägt den Titel "Bretonisches Vermächtnis" und kommt im gewohnten Format daher. Insbesondere besticht das vorliegende Buch trotz der abwesenden Kollegen wieder einmal durch die Intensität der Ermittlungen. Innerhalb von zwei Tagen wird Dupin Licht ins Dunkel bringen, so dass man sich an die Filme aus den Achtziger Jahren mit Eddie Murphy erinnert fühlt, die mit einem gegebenen Zeitrahmen von 48 Stunden für furiose Action sorgten. Dieser zeitliche Aufbau bringt den Leser auf Hochtouren, da man das reale Lesetempo möglichst nicht der verstreichenden Zeit in der Geschichte hinterherhinken lassen möchte. Intensität ist Trumpf bei den Ermittlungen von Kommissar Dupin. Bannalec lässt einen beständig teilhaben an den Gedankengängen des Kommissars, an dessen Abwägungen über die optimale Reihenfolge der nächsten Schritte, aber nur bis zu dem Zeitpunkt, an dem bei Dupin der Groschen fällt.

Alles begann im Jahre 2012 mit "Bretonische Verhältnisse" und einem damals noch unbekannten Autor namens Jean-Luc Bannalec. Seitdem erscheint im Juni eines jeden Jahres ein neuer Fall bei Kiepenhauer & Witsch, so dass nun anno 2019 Fall Numero Acht das Licht der Welt erblickte. Mittlerweile ist es auch kein Geheimnis mehr, dass sich hinter dem französisch klingenden Pseudonym Jörg Bong versteckt, Verleger beim renommierten S. Fischer Verlag. Bong aka Bannalec ist einer der bedeutendsten Botschafter der Bretagne hierzulande, haben seine Dupin-Romane doch einen Reise-Boom ins Finistère, das Ende der Erde, ausgelöst. Seine Schilderungen von Land und Leuten sowie den phantastischen Naturphänomenen wurden auch bereits mit einigen bretonischen Auszeichnungen versehen.

Doch zurück zum aktuellen Fall: Dupins Arbeiten werden durch die parallel startenden Festivitäten in Concarneau nicht unbedingt erleichtert. Für großes Aufsehen sorgt noch am gleichen Abend eine mächtige Explosion in der ortsansässigen Werft, die sich im Besitz der drei besagten notablen Herren befindet. Bei diesem scheinbar von fremder Hand initiierten Anschlag werden gleich mehrere Arbeiter schwer verletzt. Dupin zieht einen großen Kreis um die Menge der möglichen Täter und gewinnt aus den vielen Gesprächen sowohl Für als auch Wider, was die Verdachtsmomente bestärkt oder entkräftet. Als schließlich am kommenden Morgen ein weiterer Herr aus dem Triumvirat das Zeitliche segnet, erhöht dies nochmal die bereits sehr hohe Schlagzahl der Ermittlungsarbeit. Glücklicherweise erhält Dupin noch Unterstützung durch einige seiner engsten Vertrauten. Doch wird es ihnen gelingen, weitere Todesfälle zu verhindern?

Bannalec hat sich im vorliegenden Buch ein Schmankerl für Freunde französischer Kriminalliteratur ausgedacht. Anno 1931 ermittelte mit Kommissar Maigret nämlich schon einmal ein bedeutender Franzose in Concarneau und dem Amiral: "Maigret und der gelbe Hund" hieß dieser Roman von Georges Simenon und hatte ebenfalls einen Kreis notabler Herren mit ähnlicher beruflicher Ausrichtung im Zentrum der Geschichte. "Bretonisches Vermächtnis" ist somit eine gelungene Hommage Bannalecs an Simenon und Maigret und sorgt für ein Schmunzeln beim wissenden Leser. Ansonsten ist man 48 Stunden lang im Lesetunnel unterwegs, da es sich verbietet, das Buch unnötig ruhen zu lassen. Ein Kommissar Dupin kennt schließlich auch keinen Müßiggang und kommt mit wenig Schlaf aus, dann sollte dies dem Leser angesichts des herausfordernden Falles ebenfalls möglich sein.

Christoph Mahnel 
19.08.2019

 
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Das Buch:

Jean-Luc Bannalec: Bretonisches Vermächtnis

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Köln: Kiepenhauer & Witsch 2019 320 S., € 16,00 ISBN: 978-3-462-05265-7

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