Krimis & Thriller

1a-Krimiliteratur, so genial wie aus der Feder eines Volker Kutscher

München, 1962: Noch gibt es mehr Pferde als Frauen bei der Polizei, doch das hat Elke Zeisig nicht davon abgehalten, bei der Weiblichen Kriminalpolizei anzuheuern. Sie kümmert sich vor allem um die Vernehmung von Frauen und Kindern. Als am Fronleichnamsmorgen ein kleines Mädchen tot am Schuttberg in Sendling gefunden wird, sind die Fähigkeiten des "Kriminalfräuleins" Zeisig gefragt. Gemeinsam mit Hauptkommissar Manschreck begibt sie sich auf die Suche nach dem Mörder. Der schlägt wenige Tage erneut zu. Bei dem Opfer handelt es sich um ein Mädchen im Jugendalter. Ebenfalls barfuß, vermutlich erwürgt. Und es soll nicht bei diesen zwei Leichen bleiben. Die Ermittlungen von Elke und Manschreck bringen ein düsteres Geheimnis zutage. Dieses könnte ihre Karriere kosten.

Zeitgleich kommt es in der Stadt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen der Münchner Jugend und der Polizei. Die Münchner Leopoldstraße gleicht einem Hexenkessel, urplötzlich, mitten in der Nacht. Steine fliegen, Stühle und Flaschen - die Schwabinger Bars bieten ein grandioses Munitionsdepot. Hunderte von Radaubrüdern erheben sich im Kampf für die Freiheit des Straßenkonzerts. Die entfesselte Jugend tanzt Twist auf dem heißen Asphalt und legt bei ihren Randalen noch einen Zahn zu. Aufgebracht und mit gemischten Gefühlen kommentiert eine stetig anwachsende Zuschauermenge die Schlacht zwischen Polizei-Einheiten und jungen Leuten. Mittendrin: Volker, Elke Zeisigs jüngerer Bruder. Doch nach der ersten Nacht der "Schwabinger Krawalle" verschwindet Volker spurlos.

Auch im Polizeipräsidium und bei der Weiblichen Kriminalpolizei sind die Straßenkämpfe Gesprächsthema Nummer 1. Dann bringt ein Foto die Mädchenmorde in einen gefährlichen Zusammenhang mit den Tumulten. Die Mordkommission gerät unter Druck. Kriminalkommissarin Elke Zeisig ermittelt an "zwei Fronten". WKP-Dienststellenleiterin Irmgard Warneck sieht mit Skepsis, wie tief die Jüngste der Abteilung in die aufsehenerregenden Fälle eintaucht und dabei eine Spur verfolgt, die Elke dem Täter bedrohlich nahe bringt ...

Ein Meisterwerk der Krimikunst - "Fräulein Zeisig und der frühe Tod" könnte auch der Feder eines Volker Kutscher entstammt sein. Autorin Kerstin Cantz kann schreiben, dass es einen glatt umhaut. An ihr Können reichen nur wenige andere heran. Jeden Fall für Elke Zeisig muss man lesen, unbedingt! Die Story überzeugt mit Spannung, ebenso mit einer anschaulichen, überaus lebendigen Schilderung des Münchens während der 1960er Jahre. Man glaubt sich während der Lektüre tatsächlich mitten im Geschehen. Über solch grandiose Literatur kann man nur staunen. Und man vergisst die Welt vollkommen um sich herum. Die deutsche Schriftstellerin macht ihre Leser ganz sprach-, außerdem atemlos, und zwar mit Unterhaltung, die das Beste vom Besten in der Krimiliteratur ist.

Virtuos verknüpft Kerstin Cantz historisches Zeitgeschehen, Lokalkolorit und Kriminalspannung zu einem Leseerlebnis der einsamsten Spitzenklasse. Ihre Schreibkunst ist nur schwer zu übertreffen. "Fräulein Zeisig und der frühe Tod" steckt voller Ermittlungsarbeit, welche selbst die der "Tatort"-Kommissare in den Schatten zu stellen vermag. Was man hier in die Hände kriegt, ist ein seltenes Krimijuwel. Fans von "Babylon Berlin" oder "Ku'damm 56" werden von dieser Lektüre restlos begeistert sein.

Susann Fleischer 
15.04.2019

 
Diese Rezension bookmarken:

Das Buch:

Kerstin Cantz: Fräulein Zeisig und der frühe Tod

CMS_IMGTITLE[1]

München: Knaur Verlag 2019 288 S., € 14,99 ISBN: 978-3-426-52261-5

Diesen Titel

Logo von Amazon.de: Diesen Titel können Sie über diesen Link bei Amazon bestellen.