Kinder- & Jugendbücher

Eine Coming-of-Age-Geschichte von Meisterhand geschrieben

Weil Joanna ADHS hat, sieht´s in ihrem Kopf aus wie in einem Vergnügungspark, "komplett mit radfahrenden Zwergen, bärtigen Damen, rostigen Riesenrädern und einem experimentellen Jazz-Orchester, dessen Trompeten, Posaunen und Hörner, ja dessen sämtliche Bläser ein wildes Crescendo hinlegen". Aber Joanna kommt damit klar und hat ihr Leben im Griff. Eigentlich ... Wenn sie ihre Medizin nimmt, ist das Durcheinander im Kopf kein großes Problem. Im Gegensatz zu den Schwierigkeiten ihrer Mutter, die vergeblich versucht, einen Roman zu schreiben. Im Laufe der letzten neun Jahre wurden deren Bücher fünfmal abgelehnt. Zu allem Überfluss sitzt Joannas Vater den lieben langen Tag vorm Fernseher und schaut eine Sendung nach der anderen. Diagnose: Depression.

Als Joanna sich die Tabletten nicht mehr leisten kann, sieht sie nur noch einen Ausweg. Sie vertickt abgelaufene Kondome. Und das ziemlich erfolgreich - zumindest bis zu dem Tag, als einer von Joannas Mitschülern vor ihr steht mit der "freudigen" Nachricht, dass er bald Vater wird. Dieses Mal kann sich Joanna gerade noch so aus der Affäre ziehen. Aber nicht mehr, als sie sich mit einem Drogendealer anlegt. Zufällig gerät Joanna in den Besitz von Gras. Die Geldsorgen scheinen sich endlich in Luft aufzulösen. Oder etwa doch nicht?! Statt River das Zeugs zu verkaufen, schnappt sich Joanna Geld und Haschisch und ergreift die Flucht. Als wären tausend Teufel auf Speed hinter ihr her. Dass das übel enden muss, ist praktisch vorprogrammiert.

Und all das bloß, um die Zwerge, Damen, Riesenräder und Bläser aus dem Vergnügungspark in ihrem Kopf nicht nur zur Ruhe zu bringen. Sondern besser gleich ganz zu verbannen. Was stellt man nicht alles an, wenn man zum ersten Mal so richtig verliebt ist? Und das ausgerechnet in ein Mädchen. Audrey heißt die Auserwählte. Joanna hat es so richtig erwischt. Und sie würde sich sogar mit Satan persönlich anlegen, um Audrey zu erobern. Im Vergleich zu Luzifer ist ein Drogendealer dann doch eher ein Kinderspiel für Joanna. Schließlich ist sie mutig, stark und absolut nicht angepasst: Sie nimmt die Sache selbst in die Hand ...

Jenny Jägerfelds Geschichten treffen den Leser mitten ins Herz. Von diesen bekommt man ganz feuchte Augen - und außerdem gute Laune über viele, viele Stunden. Denn die Autorin steckt in ihre Romane jede Menge Emotionen und auch Humor. "Easygoing" bedeutet ein Lesevergnügen von großer Intensität. Was man hier zwischen zwei Buchdeckeln zu finden vermag, ist ganz hohe Erzählkunst. Die Schwedin kann schreiben, und zwar unfassbar schön. Ihre Worte sind reinste Poesie. Und ihre Bücher einfach nur zum Niederknien. Jägerfeld braucht einen Vergleich mit John Green oder Colleen Hoover definitiv nicht zu scheuen. Sie ist nämlich ohne jeden Zweifel eine Schriftstellerin von Weltklasse. Und wie niemand sonst schafft sie es, uns in einen Leserausch zu versetzen.

"Easygoing" - brillanteres Lesekino hat man noch nie in die Hände gekriegt. Jenny Jägerfeld blickt uns in die Seele und spricht das aus, was viele nicht wagen. Außerdem ist sie eine Meisterin ihres Fachs. Ihren Büchern kann man partout nicht widerstehen. Und sollte man auch auf gar keinen Fall! Denn ein schöneres Lesegeschenk gibt es auf der Welt nicht. Mit diesen findet die Lesebegeisterung so schnell garantiert kein Ende. Absolut genial! Einfach nur der helle Jugendbuchwahnsinn!

Susann Fleischer
19.09.2016

 
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Das Buch:

Jenny Jägerfeld: Easygoing. Aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer

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München: Carl Hanser Verlag 2016
320 S., € 16,00
ab 14 Jahren
ISBN: 978-3-446-25298-1

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