Kinder- & Jugendbücher
Ein kleines Mädchen mit Selbstzweifeln trifft auf ausgeflippten Schutzengel
Die kleine Dorabella ist die Tochter der überaus ehrgeizigen und egoistischen Opernsängerin Gloria. Nach Ansicht des kleinen Mädchens ist ihr Name "Dora" eigentlich viel zu niedlich für sie - stellt man sich dann doch ein schlankes, selbstbewusstes Mädchen mit langen blonden Haaren und kein übergewichtiges, schüchternes Kind mit Stoppelfrisur vor. Also tauft sich Dorabella selbst um und nennt sich nur noch "Dodo". Nun steht ihr (und ihrer Mutter) eine neue, aufregende Zeit bevor, denn Gloria hat ein festes Engagement an einer Oper bekommen und möchte nun, nach einem Leben in Hotels und des ständigem Reisens, sesshaft werden. Und für Dodo ist dies die Chance, endlich Freunde zu finden und sich mit ihrem eigenen Ich auseinanderzusetzen.
Dodo begleitet ihre Mutter zur Oper, bis es ihr schließlich langweilig wird und sie beschließt, an die frische Luft zu gehen. Dodo ist dermaßen fasziniert von der Stadt, den bunten Lichtern, vorbeischlendernden Menschen und hohen Häusern, dass sie nicht genau aufpasst und beinahe vor ein Auto rennt - wäre da nicht dieser fremde Mann, mit den leuchtend roten Segelohren. Ihr persönlicher Schutzengel! Und schon sieht das Leben für Dodo anders aus. Fortan hofft sie, ihn möglichst bald wiedersehen zu können, bis es eines Tages dann endlich soweit ist. Nachdem Gloria stets und ständig in der Oper ist und kein Ohr für ihre Tochter hat, darf Dodo dann doch eines Morgens mit zur Oper. Und dort begegnet sie Karl - Ihrem persönlichen Schutzengel, mit seinen Segelohren!
Und das Schicksal meint es gut mit Dodo, denn Karl musste aus seiner Wohnung raus und zieht nun bei Dodo und Gloria ein. Und schnell sind die beiden Freunde. Sie verleben Stunden mit Einkaufen, Kochen, Wäschewaschen und Stricken und verstehen sich so blendend, dass Dodo sich ein Leben ohne Karl gar nicht mehr vorstellen kann. Stück für Stück verändert sich Dodos Leben grundlegend in eine Zeit voller Freude, Chaos und Gefühlen der Geborgenheit: Sie lacht, nimmt ab und wird sogar in den Opernkinderchor aufgenommen. So kann sie Gloria endlich beweisen, dass sie stolz auf ihre Tochter sein kann. Und das ist auch notwendig, denn Karl wird nicht für immer bei Dodo bleiben können.
Der für ihre Kinderbücher mehrfach ausgezeichnete Autorin Gudrun Mebs gelingt es mit ihrem neuen Kinderbuch „Schutzengel mit Segelohren“ auf exzellente Weise, an ihre Erfolge anzuknüpfen. Sie hat mit der kleinen Dodo ein Mädchen "kreiert", das sich von der Masse der Ballerinas und Prinzessinnen in der gegenwärtigen Kinderliteratur abhebt. Zwar erscheint das kleine Mädchen für den kindlichen Leser anfangs mit seinen Selbstzweifeln und Minderwertigkeitskomplexen bedauernswert, wenn nicht gar herzzerreißend, aber von Seite zu Seite kristallisiert sich ein neues Mädchen heraus, das sein Glück in die eigene Hand nimmt. So freut man sich, wenn Dodo erfährt, dass sie im Kinderchor mitsingen darf, sie gute Freunde gefunden hat und sie und ihre Mutter sich annähern und am Schluss endlich eine richtige Familie werden. Demzufolge war Karl für Dodo nicht nur ein Glücksfall, er war wahrhaftig ihr persönlicher Schutzengel.
Susann Fleischer
08.06.2009