Kinder- & Jugendbücher
Ein Roadtrip à la Wolfgang Herrndorfs "Tschick", nur um einiges verrückter, überraschender und emotionaler
Nachdem Charlotte in "Mädchenmeute" gemeinsam mit ihren Freundinnen Rabea, Yvette und Antonia einen Roadtrip der abgedrehtesten Sorte erlebt hat, legt sie in der Fortsetzung noch eine Schippe obendrauf. Und das, obwohl der Teenager eigentlich alles andere als eine Abenteuerin ist; eher im Gegenteil: Am liebsten will sie die Sache abbrechen, diese Fahrt auf einem Containerschiff nach Marokko. Niemand soll wissen, wo sie und ihre Freundinnen sich aufhalten. Die vier sind so verschieden, wie man mit sechzehn nur sein kann, sodass es auch mal kracht; und dann haben sie noch Antonia als blinden Passagier an Bord geschmuggelt. Aber Bea, die sie finden müssen, steckt in Schwierigkeiten und braucht Hilfe. Das Problem: Die Polizei sucht mit Eifer nach Bea, und schon bald auch nach den anderen.
Als das Schiff ablegt, wird Charlotte klar: Sie kann nicht mehr zurück, ist nun Teil dieses Schiffes, auf dem einiges nicht stimmt. Der unsympathische Kapitän und der wenig zimperliche Erste Offizier sind härter, als es im ohnehin robusten Seemannsleben üblich ist; beim Landgang in Le Havre wird Charlotte in seltsame Transaktionen verwickelt, und dann kommt eine Kiste auf das Schiff, für die die Freundinnen unerwartet Verantwortung übernehmen müssen. Vielleicht geht es hier um illegalen Handel und moderne Sklaverei, vielleicht auch um alte Mythen des Meeres. Auf jeden Fall müssen die Charlotte und die anderen sich dem stellen. Doch sollte ihnen das Kunststück gelingen, gehen sie aus der Rettungsmission gestärkt hervor, inklusive zahlriechen wichtigen Lehren für ihr (späteres) Leben ...
Ein Juwel der Jugendliteratur - Kirsten Fuchs schreibt Mädchen von 14 Jahren und deutlich älter ganz schwindelig. Die Geschichten aus ihrer Feder sprühen nur so vor lauter und auch vor Sprachwitz. Die deutsche Schriftstellerin spielt absolut meisterlich mit der Sprache sowie mit den Erwartungen ihrer Leser(innen). Auf jeder Seite von "Mädchenmeuterei" wartet eine andere, neue Überraschung, sodass diese Lektüre zu keinem Satz langweilig wird. Vielmehr geht's hier ab wie eine Rakete. Kein Wunder, dass es einen bereits im ersten Kapitel glatt vom Hocker haut. Fuchs' Können begeistert selbst Erwachsene im Alter von 40+ über alle Maßen, sogar so sehr, dass man gar nichts anderes mehr lesen möchte. Ihre Bücher haben die Wirkung von Drogen. Kaum eines aufgeschlagen, und man ist süchtig nach mehr!
Was (Mädchen-)Freundschaft wirklich bedeutet, erfährt man erst dank Autorin Kirsten Fuchs und ihren beiden Romanen "Mädchenmeute" und "Mädchenmeuterei". Diese zeigen, wie Teenager von heute wirklich ticken, was sie bewegt und mit welchen Problemen sie sich herumschlagen müssen. Das war längst überfällig in der deutschen Jugendliteratur! Selbst als Erwachsener lohnt sich die Lektüre des vorliegenden Romans; nicht zuletzt, um sich noch einmal an die eigene Pubertät mit alle ihren Höhen und Tiefen zu erinnern. Nicht nur deshalb unbedingt lesen!
Susann Fleischer
17.01.2022