Gedichtbände
Gedichte der Leidenschaft , aber auch der Stille
Dirk Kaiser wandelt in seinen Gedichten und Betrachtungen zwischen gestern und heute. Er nimmt uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Hinein in seine Kindheit, die erste Liebe, erblühende Leidenschaft. Dann wieder zurück in die Gegenwart, hinein in die Gezeiten der Natur, in seine Reime und Verse.
Der "Weg in die Einsamkeit" zeigt auf, dass man noch so sehr ersehnen kann, das Verderben folgt einem wie ein Schatten. Das "Wiedersehen" erzählt von einer leidenschaftlichen Begegnung vor Jahren und einer anschließenden Trennung. Die verschenkten Jahre sind allgegenwärtig und die Glut nie ganz erloschen, doch beide wollen nicht, dass es endet, bevor es begonnen hat. Nachdenklich stimmt der "Nachtschwärmer", der im Wirtshaus sitzt und vergangene Sünden im Alkohol ertränkt. Auf der Suche nach Seelenfrieden und wandelnd auf Traumspuren, umgeben von Sehnsüchten. Wunderschön auch der Gang durch die Heilige Nacht. Wieder einmal um den Schlaf gebracht, voller Sorgen und Nöte, stapfend durch den Schnee, weit weg von der Zivilisation. Doch der Ruf des Lebens erreicht sein Ziel und die Zuversicht eilt voraus. Gerüstet mit neuem Lebensmut und bereit für das Wunder des Lebens. In nur fünf Zeilen erfahren wir etwas über den Ort unserer Erinnerungen. Jeder kennt ihn, viele lieben ihn, manche zieht dieser Ort magisch an. Er ist für uns alle unser Ziel und doch keine Endstation.
Lieblich sind die Zeilen an eine verlorene Liebe und eine zufällige Wiederbegegnung. So sensibel und gleichzeitig leidenschaftlich die Erinnerung an vergangene Tage. Dann der Blick in das Tal, der das gegenwärtige Jetzt zeigt und gleichzeitig klar macht, dass in abertausenden Jahren wieder alles anders sein wird, ohne dass wir es erfahren. Das verlassene Haus, an dem der Zahn der Zeit nagt und welches einst blühte vor Leben und heute nur noch ein Relikt aus einer anderen Zeit ist. "Dem Glück misstraut" zeigt auf, wie eine einst innige Liebe mit den Jahren erkalten kann. Keiner wagt den ersten Schritt aus dem Schweigen, stumm herrschen Vorwürfe, jeder glaubt, der andere verlange zu viel von ihm. Und so töten sie schweigend, was sie einst so innig verbunden. Und dies ist nur eine kleine Auswahl einer wunderbaren Aneinanderreihung von Gedichten und Betrachtungen.
Dirk Kaiser schreibt mit einer beneidenswerten Leichtigkeit vom Leben und vom Sein. Er erzählt von inniger Liebe und sprühender Leidenschaft. Er teilt mit uns seine Kindheit und die damit verbundene Vergänglichkeit. Aber auch an seinem Alltag lässt er uns teilhaben und man glaubt mitunter in seinem Reich zu sitzen, den Tabakrauch zu riechen, den guten Wein auf dem Tisch stehen zu sehen und ihm beim Schreiben zuzuschauen, wie er mit seinen Reimen ringt.
Ein häufiges Augenmerk legt der Autor auf die Betrachtung der Natur, den Wechsel der Jahreszeiten, ganz besonders der Übergang vom Sommer in den bunten Herbst. Wenn Nebelschwaden über die Felder ziehen und die Sonne es schwer hat, die Trübheit zu durchdringen. Aber auch der Übergang vom Herbst zum Winter wird mit der nötigen Schwermut beschrieben. Wenn alles unter den Lasten der Schneedecke versinkt, es draußen bitterkalt ist und drinnen die Menschen in der Stube sitzen, bei Kerzenschein und am Kamin. Wenn einen die Melancholie ereilt - wohl wissend, dass Mutter Natur wieder mit dem Frühling Einzug halten wird.
"Gestern und Heute" ist ein schöner Band voller Leben, mit der nötigen Sensibilität und Einfühlsamkeit für die Stolpersteine, die beschwerlichen Steigungen, die einem widerfahren. Aber auch mit dem nötigen Optimismus und Gottvertrauen an die Zukunft, die vor einem liegt.
Tanja K?sters
21.03.2011