Gedichtbände
Ein Requiem ...
Lilo Külp, langjährige Redakteurin und Regisseurin beim Hörfunk, hat einen einfühlsamen Gedichtband vorgelegt. "Träume, unvergessene Eindrücke, sensible Wahrnehmungen werden in der Erinnerung der Autorin zu kunstvollen Texten 'ge-dichtet', die wie bunte Mosaiksteine" zu einem abgerundeten Ganzen zusammengefügt sind.
Der Band ist in vier Zyklen gegliedert, im Mittelpunkt steht immer das Leben in seinen vielfältigen Erscheinungsformen.
"Ziegel und Steine", erster Zyklus, thematisiert die Schatten des Lebens und dessen Vergänglichkeit und, als Gegenpol, die Suche nach dem Licht. Was hier in Aphorismen und losen Reimen ausdrucksstark gestaltet wird, sind Stufen einer Entwicklung, deren einziges Ziel es ist, aus dunklem Schatten ins Licht zu gelangen: Da ist die Sehnsucht der Nacht nach dem Tag, die Sehnsucht der Dunkelheit nach Licht, die Sehnsucht der Einsamkeit nach Zweisamkeit und die grenzenlose Sehnsucht der Vergänglichkeit nach Ewigkeit.
Die Zyklen "Lebensspuren" und "Jahreszeiten" vollziehen die Wechsel im menschlichen Leben und in der Natur nach: "Die Ähre. Sie trägt das Korn bis zur Reife, dann beugt sie sich willig der Mahd"; "Mairegen. ... Der Baum steht unerschüttert, trotzt dem Regen, der die Blüten raubt, bevor sie sich entfalten. Der Baum vertraut der Kraft, die neues Blühen zeugt"; "Herbst. Vielleicht ist alles Sterben nur Wandlung, eine neue Geburt?"
Nie bleiben Lilo Külps Texte im Vordergründigen stecken, immer weisen sie gleichnishaft über das Zeitliche hinaus.
"Damals und Heute" gedenkt der Opfer der immerwährenden Kriege aus dem Blickwinkel der jeweils betroffenen Menschen, die dem Geschehen um sie herum hilflos ausgeliefert sind. "Die Angst", "Zwischen Stalingrad und Nirgendwo", "O Gott, lass sterben Bitterkeit und Hass ...", "Zerstörte Seelen", "Golfkrieg: Die junge Frau", "Irgendwo ist immer Krieg", "Aufstand der Frauen". Ein Requiem - man möchte diesen Texten einen Komponisten wünschen, der die passende Musik dazu schreibt.
abe
08.06.2002