Erzählbände & Kurzprosa

Kleine Leute ganz groß

Die spannenden Facetten und Abenteuer auch augenscheinlich unbedeutender Menschen aufzuzeigen ist Mono Gunias Antrieb für die vorliegenden Erzählungen. "Verloren ans Paradies" schildert eindrucksvolle Lebensbilder, zwar zufällig ausgewählter Personen, die aber eines gemeinsam haben und sich dadurch auszeichnen - nämlich die Suche nach dem Glück in meist glanzlosen Zeiten.

Die hier beschriebenen Schicksale starten stets in media res und manövrieren den Leser auf diese Weise unmittelbar in das Geschehen hinein. Ob nun in tiefstem Bairisch ein beiläufiger Dialog geführt wird oder ein Erzähler versucht, sich an einen gewissen Jackl und die Gründe zu erinnern, weshalb jener das Eiserne Kreuz verliehen bekam - der Text kreiert ein lebendiges Bild der ausgewählten Zeit. Gleichwohl werden auch Selbstgespräche dargestellt, wie beispielsweise das eines Schauspielers, der hier über seine Arbeit auf der Bühne sinniert und darüber, was nun eigentlich sein künstlerisches Talent ausmacht.

Es sind zumeist Taugenichtse und arme Schlucker, die in diesem Band einen Schwank aus ihrem Leben erzählen und dabei Impressionen ihrer vorwiegend tristen Umwelt vermitteln. Aus dieser Perspektivlosigkeit heraus entwickeln sie dennoch jeder für sich Ideen, die ihnen zu schnellem Reichtum oder großem Ruhm verhelfen sollen. Es ist demnach die Hoffnung und eine unerbitterliche, positive Lebenseinstellung, die den Charme der hier dargestellten Menschen ausmachen.

Mono Gunia gelingt mit "Verloren ans Paradies" eine spannende Komposition aus qualitativ hochwertiger Prosa und mundartlichen Bemerkungen, die den Leser einlädt, sich auf verschiedenste Momentaufnahmen und Eindrücke einzustellen. Er wird sogar aufgerufen, die Welt von einer neuen Seite zu betrachten und hinter die Kulissen des oftmals tristen Alltags zu blicken. Die Autorin versteht es bestens, den eigenwilligen Figurentypen mit spezifischen Schreibweisen individuelle Charakterzüge zuzuschreiben, sodass jenen durch ihre Schilderungen ein besonders liebenswerter Eindruck anhaftet.

Der äußerst krachende, freche und bildgewaltige Schreibstil der Autorin macht es dem Leser möglich, die eigenen Haare im Wind flattern zu spüren oder sogar mittels der eingebauten dialektalen Gesprächsfetzen einen ebenso tief verwurzelten Hass gegen die dargestellten Nachbarn oder Geschwister zu hegen, wie die beschriebenen Figuren es tun.

So bietet dieses Werk von philosophischen Überlegungen bis hin zu historischen Momentaufnahmen ein breites Spektrum an Unterhaltung und Geschichte sowie die Option für den Leser, sich mit den unterschiedlichsten Persönlichkeiten identifizieren zu können.

Franziska Burghardt
14.10.2013

 
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Das Buch:

Mono Gunia: Verloren ans Paradies. Erzählungen

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Frankfurt am Main: August von Goethe Literaturverlag 2013
227 S., € 18,80
ISBN: 978-3-8372-1221-1

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