Ratgeber

Dem Leben begegnen

Sieben Menschen stellt uns die Autorin Doris Kleinau-Metzler in ihrem Buch vor Augen und Herz. Es sind Menschen, denen man manchmal schon begegnet ist ? auf einer B?hne, in einem Museum, in der Buchhandlung, in den Nachrichten. Menschen, die mit uns gleichzeitig leben und doch auf der Suche sind nach ihrem je eigenen Leben wie jeder von uns. Menschen, die die Botschaft ihres Lebens nicht im Unbewussten lie?en, sondern sich aufmachten, sie zu suchen und die daraus entstehenden Anforderungen in Angriff nahmen. Es sind nicht immer nur sichere Tritte, von denen wir lesen, nicht immer klare Linien und konsequentes Handeln, immer aber geht es um ein Ringen, das uns die sieben Menschen und ihre Art der Lebenskunst so nahe bringt.

Jeder von uns hat im Lauf seines Lebens Menschen, die ihn interessieren ? sei es, dass man sie bewundert wegen einer Leistung oder ob ihres Lebensmutes, man sich in ihrer Kunst wiederfindet oder sie als Autoren Hilfestellung bei eigenen Lebenfragen geben konnten. Sich solchen Menschen im Gespr?ch ann?hern zu d?rfen, ist ein Geschenk und mit dem Buch hat sich und den Lesern Doris Kleinau-Metzler dieses Geschenk gemacht. Sieben Menschen werden vorgestellt: Jean-Christophe Ammann, Judith Hermann, J?rgen Kadow, Henning K?hler, Georg K?hlewind, Christian Nickel und Dorothee S?lle, Menschen, die den einen oder anderen von uns ebenfalls ber?hrten ? mit Worten, Taten.

Bei jedem Gespr?chspartner war die Autorin von etwas angesprochen worden ? einem Bild, einem Satz, einer Biographie und so ist auch die Ann?herung unterschiedlich, zart, tastend. Manchmal sind es schon Lebensgeschichten, bei den beiden j?ngeren Interviewpartnern ist die Phase des Suchens nach dem richtigen Weg noch nicht so weit weg ger?ckt, hier sind die Eindr?cke noch frisch, das Suchen noch deutlicher ausgepr?gt als das Finden und das erneute Weitergehen. Es gibt keine Standardfragen, jedem der sieben Menschen wird sich anders angen?hert. Erg?nzt wird der schildernde Text durch Autographen der Interviewten, die ?ber das Schriftbild eine weitere Facette der Pers?nlichkeit zeigen, durch Fotos. Eine gro?e Wirkung l?st auch das Format des Buches aus ? es l?sst Raum f?r den Text und die Bilder, aber es bietet auch Platz, ist licht und weit. So kann sich jeder der sieben Menschen entfalten, die Gedanken haben keine Begrenzung, es ist wie ein Schweigen, das nicht stumm ist, sondern in dem das Gelesene nachklingt, verglichen werden kann.

Wie Laute schmecken, riechen und Farben haben, besitzen auch diese Gespr?che eine je eigent?mliche Sinnlichkeit. Steht bei Judith Hermann die Arbeit mit dem Wort im Vordergrund, ist es bei Ammann das Lebenswerk in Verbindung mit seinem Auftreten, bei Nickel die Auseinandersetzung mit der B?hne, bei Kadow die Farbe, zu Seelenlandschaften verdichtet und doch weit, bei Henning K?hler die Lebensgeschichte, die es ihm erst erm?glicht, so radikal menschlich f?r die Kinder einzutreten, bei K?hlewind das Denken, das ganz tiefe Einsinken in Zusammenh?nge und das daraus Emporsteigen mit einer gegriffenen Idee, bei S?lle die Auseinandersetzung mit Gott und der Welt. Sieben Lebenswege, sieben Ann?herungen an das Menschsein, sieben Entwicklungswege, sieben Pers?nlichkeiten, die sich aus dem entwickelt haben, was gegeben war, was als Realit?t erlebt wurde, was formte und doch ? sieben Mal den roten Faden erhaschen, ihn erkennen, ihn festhalten und ihn als Richtschnur sehen, nicht als Richter, sondern als eine M?glichkeit, sich wieder neu zu orientieren und dann auch den einen oder anderen Umweg au?en herum zu nehmen.

Allen gemeinsam ist eine sehr intensive Wahrnehmung der Welt ? wie sie ist, wie sie in uns ist, wie sie von uns gestaltet werden kann. Ohne Reflexion schreitet keiner der sieben Menschen durch das Leben, ohne Korrekturen des Kurses, ohne Umwege, ohne R?ckschritte, ohne Schmerz und Sorge ist keine Existenz, ist kein tiefes Erleben. Sieben Menschen, sieben Orte, sieben Mal ein Gestelltsein in historische Zusammenh?nge, ein Aufwachsen in sieben Regionen, ein Leben in unterschiedlichen Feldern und doch ist allen eines gemeinsam ? das Ergreifen des Lebens, das Gestalten und die Neugier, die Kraft des Staunens, die Demut vor der unglaublichen Vielfalt, die uns begegnet, wenn wir genau hinschauen und eine sp?rbare Wachheit, die erst erm?glicht, das Leben bewusst und intensiv zu leben. Vielleicht braucht es diese Intensit?t, um strahlend zu werden, um Licht zu tragen zu anderen und ihnen so ein wenig zu leuchten oder sie auf etwas hinzuweisen. Sieben unterschiedliche Menschen, sieben individuelle Gestaltungen des eigenen Lebens, sieben Mal Vergangenheit, Gegenwart und eine zu erwartende Zukunft. Miteinander sollte sch?pferisch sein, soll Halt geben, Leben achten, sch?tzen und lebenswert machen. In der Begegnung mit eindrucksvollen Pers?nlichkeiten erfahren wir eine St?rkung, manchmal auch die gute Erkenntnis, dass Zweifel und Irrwege notwendig sind ? Entwicklung eben, wie alles auf der Erde.

-csc
04.02.2003

 
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Das Buch:

Doris Kleinau-Metzler: Lebenskunst. Sieben Begegnungen

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Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben 2002
240 S., € 19,90
ISBN: 3-7725-2221-1

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