Ratgeber

Buon appetito!

Seit mittlerweile 17 Büchern bekommt der geneigte Brunetti-Leser von Donna Leon die Nase lang gemacht, indem sie ihm ausgiebig davon erzählt, welch kulinarische Schlemmerorgien im Hause des venezianischen Commissarios Guido Brunetti und seiner Familie stattfinden. Denn mal ganz ehrlich: Warum liest man denn Jahr für Jahr die neuesten Brunetti-Romane? Doch sicherlich nicht wegen der Spannung und "Action" rund um den eigentlichen Fall? Davor rangieren als Gründe schon eher die sozialkritischen Betrachtungen Donna Leons hinsichtlich der italienischen und venezianischen Verhältnisse und vor allem das "Beiwohnen-Dürfen" des Lesers im heimeligen Kreise der Familie Brunetti, welcher immer dann atmosphärisch zur Höchstform aufläuft, wenn gekocht und insbesondere serviert und gespeist wird.

Somit ist das Erscheinen dieses Kochbuchs eine unweigerliche Konsequenz aus den zahlreichen Wünschen und Anfragen von Brunetti-Lesern. Wie Donna Leon im Vorwort glaubhaft versichert, war für sie, die Exil-Venezianerin, dieses Verlangen zunächst sehr überraschend, zumal auch für Leser aus Italien die Beschreibungen der Mahlzeiten nie etwas Außergewöhnliches waren, sondern lediglich alltäglich und damit selbstverständlich. Doch haben letztlich die vielen aus dem Ausland kommenden Anfragen Donna Leon dazu bewogen, zusammen mit ihrer besten Freundin in Venedig, Roberta Pianaro, dieses Werk in Angriff zu nehmen. Dass die Wahl auf Roberta fiel, hat einen triftigen Grund: Seit nunmehr dreißig Jahren sitzt Donna Leon am Tisch ihrer Freundin und lässt sich von ihr bekochen, was bei der gebürtigen Amerikanerin das Interesse fürs Kulinarische geweckt hat.

"Bei den Brunettis zu Gast" ist in sechs verschiedene Gänge bzw. Kapitel gegliedert: Vorspeisen, Erster Gang, Gemüse, Fisch und Meeresfrüchte, Fleisch und Nachspeisen. Dabei wird jedes Kapitel durch eine kulinarische Geschichte oder Anekdote Donna Leons eingeleitet. In einer schildert sie höchst amüsant ihre zweifelhafte kulinarische Herkunft als Tochter einer irischen Mutter und gipfelt in dem generischen Rezept ihrer Mutter zur Zubereitung von Gemüse jeglicher Art. Die Rezeptabschnitte selbst sind durchsetzt mit kurzen Intermezzi aus Brunetti-Romanen, stets passend ausgewählt als Aufhänger für bestimmte Rezepte, an deren gelungener Verwirklichung sich Guido, Paola und ihre beiden Kinder Raffi und Chiara gerade laben. Die insgesamt 91 Rezepte sind in ihren Beschreibungen grundsätzlich sehr knapp gehalten. Ebenso benötigt man für einige der Rezeptideen definitiv einen guten italienischen Feinkostladen in der Nähe. Das Ganze wird durch ein Register abgerundet, in dem sich die Rezepte alphabetisch und nach Kategorien geordnet leicht nachschlagen lassen.

Mit dem vorliegenden Buch ist bereits das vierte Nebenprodukt aus der eigentlichen Brunetti-Reihe Donna Leons beim schweizerischen Diogenes-Verlag erschienen. Nach Toni Sepadas Brunetti-spezifischem Reiseführer "Mit Brunetti durch Venedig" und den Venedig-nahen und damit auch Brunetti-nahen "Mein Venedig" und "Über Venedig, Musik, Menschen und Bücher" aus der Feder Donna Leons wurden nun endlich auch Paola Brunettis Kochkünste gewürdigt, deren integraler Bestandteil am Erfolg der Brunetti-Reihe unbestritten ist. Somit wird der Leser ab Band 18, welcher als "Schöner Schein" im kommenden Frühjahr auf Deutsch erscheinen wird, noch näher am Geschehen teilhaben können, da er dank des vorliegenden Buches Paola über die Schulter schauend viele Leckereien am eigenen Herd selbst zubereiten kann. Buon appetito!

Christoph Mahnel
23.11.2009

 
Diese Rezension bookmarken:

Das Buch:

Roberta Pianaro und Donna Leon: Bei den Brunettis zu Gast. Rezepte von Roberta Pianaro und kulinarische Geschichten von Donna Leon. Aus dem Englischen von Christa E. Seibicke

CMS_IMGTITLE[1]

Zürich: Diogenes Verlag 2009
287 S., € 22,90
ISBN: 978-3-257-06728-6

Diesen Titel

Logo von Amazon.de: Diesen Titel können Sie über diesen Link bei Amazon bestellen.