Autobiographie

Die bewegende Biographie einer Zeitzeugin

Erika Albrecht berichtet in ihrer Biografie "Auch ich war einmal jung!" über ihr bewegendes Leben in Zeiten des Krieges und den schwierigen Jahren der Nachkriegszeit bis hin zur Gründung der eigenen Familien und der Geburt der Enkelkinder. Während der Erzählung wechselt sie immer wieder in die Gegenwart und ihre momentane Gefühlslage.

Als Tochter eines österreichischen Chemikers wird Erika Albrecht 1925 in Magdeburg geboren und genießt eine privilegierte Kindheit und Jugend. Als 1939 der Zweite Weltkrieg ausbricht, versuchen die Eltern zunächst, das Unheil von der Tochter fern zu halten. Doch der Verlust der väterlichen Arbeit und die Schneidertätigkeit der Mutter verdeutlichten dem jungen Mädchen die schwierige finanzielle Lage. Erika wird Mitglied der Jungmädelschaft. Dabei steht für sie die Gemeinschaft im Vordergrund, die Hilfe, die sie und ihre Kameradinnen zum Beispiel für verwundete Soldaten oder kriegsgeschädigte Familien leisten. Erst später wird sie erfahren, dass diese Ideale zu einer radikalen Weltanschauung gehörten, die sie keinesfalls unterstützen will.

Als der Vater einen neuen Beruf als Betriebsleiter findet, muss die Familie nach Norddeutschland umziehen. Noch mehrmals im Laufe seines Lebens wird er seinen beruflichen Standort wechseln und die Familie in eine neue Umgebung mitnehmen. Die Autorin berichtet über die erste große Liebe und den Verlust vieler Freunde im Krieg. In der Nachkriegszeit, versucht Erika Albrecht immer wieder vergebens an einer Universität aufgenommen zu werden. Doch es scheitert an ihrer Mitgliedschaft bei der Jungmädelschaft.

Trotzdem gibt sie nicht auf. Sie nimmt Privatunterricht im Zeichnen und erfüllt sich Jahre später, wenn auch nur für kurze Zeit, den Traum einer eigenen Textildruckerei. Im Jahr 1949 heiratet sie ihre große Liebe Hans-Friedrich, Beamter beim Bundesgrenzschutz, später bei der Bundeswehr. Zwei Töchter kommen zur Welt und die Familie zieht auf Grund des beruflichen Aufstiegs des Mannes immer wieder um. Nach den Jahren der finanziellen Einschränkungen erlebt die Autorin auch den wirtschaftlichen Aufschwung des Landes.

Erika Albrecht ist sich stets darüber bewusst, dass das Schicksal es gut mit ihr meint. Immer besinnt sie sich auf die positiven Seiten ihres Lebens, auch wenn sie schwere Schicksalsschläge hinnehmen muss. Kurze Zeit nach seiner Pensionierung bei der Bundeswehr und anschließender neuer Festanstellung erkrank ihr Ehemann an einem unheilbaren Hirntumor und stirbt bald darauf. Finanziell ist sie zwar abgesichert, doch das Alleinsein macht ihr sehr zu schaffen. Ein Hoffnungsschimmer zeigt sich jedoch und stellt die Verbindung in die Gegenwart her. Denn in den kurzen Zwischensequenzen aus der heutigen Zeit, die das gesamte Buch durchziehen, wartet sie sehnsüchtig auf eine Nachricht von jemandem. Erst am Ende erfährt der Leser, um wen es sich dabei handelt.

Die Biografie der Zeitzeugin Erika Albrecht berichtet nicht nur von ihrem eigenen, spannenden Leben, sondern gleichzeitig auch von der Entwicklung unserer Gesellschaft seit den dreißiger Jahren, über die Kriegs- und Nachkriegszeit bis heute. Beeindruckend ist es, wie sie in jeder Situation mit Tatendrang und Elan ihr Leben voran bringt und mit ihrer Kreativität immer wieder neue Wege beschreitet. Im Wechsel der Erzählperspektive zwischen der Erzählung der Vergangenheit und den Gedanken in der unmittelbaren Gegenwart spannt sich der Bogen in die heutige Zeit und gibt dem Buch einen runden Abschluss.

In ihren Schilderungen kommt die Autorin immer wieder zurück auf "den lieben Gott, der alles sieht", da sie stets das Gefühl hat, von einer höheren Macht beschützt zu werden. Auch Begriffe wie "Glück" und "Schicksal" tauchen dabei häufig auf. Trotzdem ergibt sie sich nie den Umständen, sondern packt ihr Leben selbstbewusst und mit immer neuen Einfällen an und bleibt sich selbst dabei immer treu.

Erika Albrecht erzählt in ihrer Biografie "Auch ich war einmal jung!" lebendig und auf berührende Art und Weise aus ihrem Leben und gibt sowohl den schönen, als auch den schweren Stunden den ihnen gebührenden Raum. Dabei beschreibt sie ihr ereignisreiches Leben, in dem sie der heutigen Generation mit ihren persönlichen Erfahrungen auch ein Stück deutscher Kriegs- und Nachkriegsgeschichte schenkt.

Tamara Ditzel
21.05.2013


Die Lesung im Deutschen Literaturfernsehen finden Sie hier.

 
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Das Buch:

Erika Albrecht: Auch ich war einmal jung!

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Frankfurt am Main: August von Goethe Literaturverlag 2013
230 S., € 21,80
ISBN: 978-3-8372-1200-6

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