Autobiographie
Die Bewältigung eines Traumas
Für viele Menschen ist eine psychiatrische Klinik ein Gefängnis, das die Person in ihrem Handeln und Denken einschränkt - aber nicht so für Waltraud Günter (übrigens das Pseudonym von Günter Baum). Für den deutschen Autor ist der Aufenthalt im "Irrenhaus" die letzte Chance, seinem Leben einen Sinn zu geben und zu erkennen, was das Menschsein wirklich ausmacht. Es ist die Liebe zu einer Partnerin, die ihn nicht hat verzweifeln lassen an den manchmal fragwürdigen Methoden der Ärzte und der emotionalen Achterbahnfahrt. Was Günter als Patient der Psychosomatik alles erleben musste, hat ihn nachhaltig geprägt und zu einem anderen Menschen werden lassen. Zu welchem? Davon erfährt man in "Die Sonne ist hinter den Wolken" - einem packenden Schicksalsbericht, der den Leser zuweilen zu Tränen rührt.
Waltraud Günter weiß: Wer in der dunkelsten Stunde niemals die Hoffnung aufgibt, der wird immer einen Ausweg finden. Nicht selten wird diese Hoffnung genährt durch Zuneigung zwischen zwei Menschen, die gemeinsam durch dick und dünn gehen, durch gute und durch schlechte Zeiten, denn die Liebe ist das größte Gefühl von allen - und oftmals auch der letzte Rettungsanker für viele Menschen. Wenn man ein Patient der Psychosomatik ist, dann ist es besonders wichtig, jemanden an der Seite zu wissen, auf den man sich verlassen kann. Jemand, der auch den schlimmsten Stürmen mit viel Mut entgegentritt - und zwar für das Wohl des anderen. Günter hat solch einen Menschen gefunden und deshalb den Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik kaum mit Wunden in der Seele verkraftet.
Aber trotz allen Leids, dem Waltraud Günter in der Psychosomatik begegnet ist - der deutsche Autor möchte diese Zeit nicht missen, denn er hat Menschen kennengelernt, die ihm ans Herz gewachsen sind und mit denen er seitdem wie durch ein unsichtbares Band verbunden ist. Die zahllosen Gespräche mit den Therapeuten haben ihm geholfen, wieder zurückzufinden in das Leben und ihn zu einem Mitglied der Gesellschaft werden lassen - obwohl Günter im Gegensatz zu den meisten Patienten keineswegs verrückt war oder sogar irre. Ein Schlaganfall hat ihn aus der Realität gerissen. Plötzlich versteht er seine eigenen Gedanken nicht mehr und die Seele droht, entzwei zu reißen. Nur ein Wunder hat ihn vor Schlimmerem bewahrt - und ihn geheilt.
"Die Sonne ist hinter den Wolken" - ein Buchtitel, der im Leser die Hoffnung streut, dass sich immer wieder alles zu Guten wendet. Waltraud Günter hat genau solch ein "Wunder" erfahren und es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen, die ähnliches wie er haben durchmachen müssen, eine wertvolle Stütze in schweren Zeiten zu sein - zwar nur mit dem geschriebenen Wort, aber dafür umso unverrückbarer. Man kann sich gewiss sein, dass der deutsche Autor Betroffenen durch (Lebens-)Krisen begleitet und ihnen dabei Momente des Glücks zu schenken vermag. Man spürt bei der Lektüre auf jeder Seite, dass auch nur der kleinste Silberstreif am Horizont einem den Grund liefert, an das Gute zu glauben und daran, dass sich eines Tages die inneren Dämonen wieder zurückziehen wieder.
Das vorliegende Buch ist genau solch ein Silberstreif! Dafür gilt Waltraud Günter unser tiefster Dank.
Anja Rosenthal
29.04.2013