Autobiographie
Entwicklung und Bildung
Martin Haas schildert in seinen anschaulichen Erinnerungen "Zwischen den Ufern der Zeit" die Geschichte seiner ehemaligen Schule, dem privaten Gymnasium in Jade, und gewährt dem Leser so einen Einblick in die Geschichte der Pädagogik und wie sich ein Charakter formt.
Martin Haas kommt als Schüler im Mai 1950 an das neue Private Gymnasium in dem Dorf Jade. Von seinem Schulweg in idyllischer Natur berichtet er von seinen Lehrern, die ihn für sein weiteres Leben prägen - vor allem Herr Volkmer, der ihn seine Leidenschaft für Musik und Literatur entdecken lässt. Herr Hinrichs begeistert ihn für Sprache, und Herr Klaucke schult den wissenschaftlichen Blick und die Feinheiten der Wahrnehmung. Es gelingt Martin Haas den Bogen zu schlagen zwischen den Klassenraum- und Lehreranekdoten über die Einbindung der Schule in das gesellschaftliche und gemeinschaftliche Leben auf dem Lande. Geschickt macht er die Erlebniswelt eines Schülers in den 1950er Jahren abseits von einer medialen Reizüberflutung erfahrbar.
Im ersten Kapitel beginnt Martin Haas seine Reise in die Vergangenheit mit Überlegungen über den Terminus "Es war einmal". Seine Naturbeschreibungen auf dem Schulweg und auch seine späteren Schilderungen der Erlebniswelt eines Heranwachsenden in einer ländlichen Gegend ohne ausgefeilte Technik, Medien und in den ersten Jahren ohne funktionierende Elektrizität sind sehr poetisch und in einer kraftvollen Sprache gestaltet. Man meint mit den Schülern im kargen Klassenzimmer zu sitzen und die Begeisterung zu spüren, welche die Lehrer in den Schülern zu wecken vermögen. Dazu tragen auch die Anekdoten bei, die den Text zusätzlich auflockern. Ein deutlicher Hang zum Bildungsbürgertum wird offenbar, als Haas die Kultur für sich entdeckt. Auch wenn die pädagogische Strenge heute kaum noch nachvollziehbar ist, so wird doch deutlich, wie sehr die Schule auch das spätere Leben prägt und dem Charakter bei seiner Entwicklung behilflich ist.
"Zwischen den Ufern der Zeit" ist eine mitreißend geschriebene Erinnerung, die bei jedem eigene Betrachtungen an seine Schulzeit wachrufen wird.
Jons Marek Schiemann
31.05.2010