Medien & Gesellschaft
Reflexionen - gestern bis heute
Beginnend in der Kindheit mit neun Jahren erzählt Autor Klaus K. T. Bitterauf in "Ich und das, was man so Demokratie nennt" die Erlebnisse während des Heranwachsens und das sich daraus entwickelnde Demokratieverständnis. Aufgewachsen im Dritten Reich erlebte er nach Kriegsende die Geburt der Bundesrepublik Deutschland, ebenso das Aufblühen im Schatten des Wirtschaftswunders und den Stilblüten unterschiedlichster Nuancen der Demokratisierung eines Staates, der sich aufmachte, Demokratie zu erlernen.
Mit dem Abstand des genauen, auf das Detail achtenden Beobachters nimmt der Autor die Geschehnisse in sich auf, sammelt die Fakten und führt diese in analytischer Betrachtung zu einem Bild zusammen. Mit Beispielen und leichtem Sarkasmus gewürzt: "Und wenn dann meine Volksvertreter, die doch nur ihrem Gewissen verantwortlich sein sollen, durch sogenannten Fraktionszwang genötigt werden, gegen meine Interessen zu handeln, dann hört für mich jedes Verständnis für solche Art von Demokratie auf. Zum Glück für die Volksvertreter sind der Bruch von Wahlversprechen und die Anstiftung dazu keine Straftatbestände", lässt er uns an seinen nachvollziehbaren Gedanken teilhaben.
In vielen Situationen wird punktgenau auch das allgemeine Gefühl reflektiert, wenn er davon spricht das "geringere Übel" in der Parteienlandschaft zu wählen, so teilt er im nächsten Satz mit, dass ihm bei der Wahl eines "Übels" unwohl ist. So denkt und fühlt mit Sicherheit nicht nur der Autor. "Neue Parteien", "Große Koalitionen", "Lobbyisten", "Die da Oben", "Privatisierungswahn", "Rauf mit den Steuern" - ein Auszug von Überschriften mit Themen anhaltender Aktualität.
Dass der Autor auch dem Fußball nahesteht, zeigt ein kleiner Exkurs, der indirekt nicht nur mit politischen Themen jongliert, sondern auch den deutschen Fußball kritisch ins Auge nimmt. Warum auch nicht? Ist doch Fußball den Deutschen scheinbar genau so wichtig wie das tägliche Essen. Wo sonst wird für so wenig volkswirtschaftlichen Nutzen einzelnen Personen exorbitante Vergütungen gezahlt bzw. wird der Handel von Menschen auch noch öffentlich betrieben?
Zusammenfassend betrachtet ist "Ich und das, was man so Demokratie nennt" nicht die Wiedergabe bereits gedruckter oder anderweitig veröffentlichter "Weisheiten". Es handelt sich vom Kern her zwar um die Reflexion eines persönlichen Meinungsbildes, dies jedoch unter Beachtung und analytischer Einbeziehung von für jedermann zugänglichen Informationen. Nicht einlullend, sondern vielmehr des Öfteren provozierend wird die Leserschaft angesprochen, sich zu identifizieren oder ein eigenes Bild zu schaffen.
Hugo Meyer
24.06.2013