Medien & Gesellschaft

Aus dem Leben eines Kellners

Wenn man eine Rangliste der Traumberufe erstellen w?rde, rangiert Kellner wohl ganz weit unten, gleich neben M?llmann und Kanalarbeiter. Und das ist auch kein Wunder, denn in kaum einem anderen Beruf verdient man so wenig Geld f?r eine solch anstrengende Arbeit. Was viele n?mlich nicht wissen: Kellner bringen ihren G?sten nicht nur das Essen an den Tisch und bekommen daf?r als Gegenleistung Trinkgeld. Mitnichten, denn sie sind Sommeliers, Beichtv?ter, Entertainer, Barkeeper, Not?rzte, Rausschmei?er, Empfangsdamen, Witzeerz?hler, Therapeuten, Pr?gelknaben und Amateurk?che in einer Person. Zu diesem Ergebnis kommt man zumindest, wenn man sich "?Die Rechnung, bitte!? Bekenntnisse eines Kellners" zu Gem?te f?hrt. 

Es verwundert nicht weiter, dass der Autor - in diesem Fall der treffende Name "Herr Ober" - lieber anonym bleiben m?chte. G?be er n?mlich seinen echten Namen preis, w?rden wahrscheinlich s?mtliche Restaurantbesitzer der Welt vor seiner T?r stehen und sein Leben fordern. Mal ganz abgesehen von den einstigen Kollegen, die in diesem Buch ihr Fett wegbekommen. Dabei liegt bei der Lekt?re des vorliegenden Buches der Spa?faktor ganz weit vorne, denn wie lustige Anekdoten lesen sich die Erinnerungen von Herr Ober. Und man kommt nur umhin, vor Erstaunen ?ber die Leistungen eines Kellners den Atem anzuhalten oder vor lauter Lachen Tr?nen in den Augen zu haben. Eines ist jedoch stets garantiert: (delikate) Unterhaltung vom Feinsten! 

Her Ober arbeitet seit ?ber sechs Jahren in einem Nobelrestaurant als Manager und hat dementsprechend viel zu erz?hlen. Hier eine kleine Auswahl: An Muttertag, Valentinstag und Silvester ist in Restaurants stets die H?lle los, circa 25% der Angestellten halten dem permanenten Druck nur mit kleinen Hilfsmittelchen wie Alkohol, Crack und Marihuana stand und selbst ein Promi wie Russell Crowe muss einmal etwas essen. Wenn dann auch noch die Klimaanlage seinen Geist aufgibt, der Computer keinen Mucks mehr von sich gibt und G?ste mit diversen Sonderw?nschen f?r Unruhe in der K?che sorgen, schnellt der Stresspegel in die H?he, w?hrend der Geduldsfaden erste Risse bekommt. Doch ein guter Kellner wei? auch damit souver?n umzugehen. Den besten Beweis liefert Herr Ober selbst, der von all dem ein Liedchen zu singen wei?. 

Jeder, der "?Die Rechnung, bitte!? Bekenntnisse eines Kellners" liest, wird beim n?chsten Restaurantbesuch die Arbeit eines Obers mit anderen Augen betrachten. Wie bei der Lekt?re schwankt man dann zwischen Mitleid gegen?ber des harten Loses, das einen gl?cklicherweise nicht getroffen hat, und Belustigung, wenn man bedenkt, dass kleine Stelldicheins zwischen G?sten und Angestellten alles andere als selten sind. Das Erstaunlichste an dem vorliegenden Buch: Herr Ober erz?hlt seine Anekdoten mit so viel Witz und trotzdem so lebensnah, dass man einfach nicht umhin kann, als sich gro?artig unterhalten zu f?hlen. Solch ein indiskreter Einblick in den Kellner-Alltag garantiert gro?en Lesespa?, der so schnell nicht in Vergessenheit ger?t. 

Susann Fleischer 
24.08.2010

 
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Das Buch:

Herr Ober: »Die Rechnung, bitte!« Bekenntnisse eines Kellners. Aus dem Amerikanischen von Susanne Schädlich

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München: Knaur Taschenbuch Verlag 2010
352 S., € 8,95
ISBN: 978-3-426-78313-9

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