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Wenn sich dieser Tage wieder einmal die Jugend der Welt versammelt, um ihre Besten zu küren, dann weiß jeder Mensch auf diesem Erdball, dass von Olympischen Spiele die Rede ist. Alle vier Jahre werden Gold, Silber und Bronze bei Sommer- und Winterspielen in den einzelnen Disziplinen vergeben. Nun gut, seit mehr als zwanzig Jahren finden die beiden Varianten versetzt in geraden Jahren statt, so dass quasi alle zwei Jahre Olympia-Hype angesagt ist. Schon die alten Griechen waren diesem Faszinosum erlegen, mehr als ein Jahrtausend lang fand alle vier Jahre in Olympia auf der Peloponnes der Auflauf der Helden statt. Nach den letzten offiziellen Spielen der Antike im Jahre 393 n. Chr. dauerte es ziemlich genau anderthalb Jahrtausende, um diese Idee aus dem Altertum in die Moderne zu transportieren. Eng verknüpft ist diese Wiedergeburt mit dem französischen Baron Pierre de Coubertin, dessen Hartnäckigkeit in den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit 1896 in Athen gipfelte.

David Goldblatt hat sich dieser mittlerweile über mehr als 120 Jahre erstreckenden Erfolgsgeschichte gewidmet. Der englische Sportjournalist hatte in der Vergangenheit meist mit Fußballbüchern auf sich aufmerksam gemacht. In seiner Tagesarbeit schreibt er für renommierte englische Zeitungen und Journale. Nun also die Olympischen Spiele als Arbeitsobjekt, und in der Tat hat Goldblatt sehr viel Aufwand in das vorliegende Werk investiert. "Die Spiele - Eine Weltgeschichte der Olympiade" lautet der schlichte, aber alles erklärende Titel dieses Buchs. Schon bei Erscheinen des englischen Originals vor zwei Jahren waren die Kritiken überwältigend. Dass manche gar von einem der besten Sportbücher aller Zeiten sprachen, überrascht nicht, wenn man sich nun der deutschen Ausgabe widmen kann, die beim Göttinger Werkstatt Verlag erschienen ist.

Bereits im einleitenden Kapitel, das den Anlauf zu den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit im Laufe der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts schildert, wird dem Leser klar, dass er hier ein Maximum an Informationen erhalten wird. Goldblatt schildert en détail, wie damals die hier und da vereinzelt aus dem Boden wachsenden Sportfeste den Weg zum ersten globalen Treffen der Jugend der Welt führten. Nach den Spielen von Athen wird man gewahr, dass die Aufrechterhaltung des olympischen Gedankens allerdings mit viel Geduld und Beharrlichkeit beschritten werden musste. Oftmals waren Olympische Spiele im frühen 20. Jahrhundert nur schmuckes Beiwerk, wie z.B. im Jahre 1900, als die Olympischen Spiele in Paris nur Begleitprogramm zur parallel stattfindenden Weltausstellung waren.

Der Autor führt den Leser weiter in die zwanziger Jahre, als der große Bruder der Sommerspiele eine kleine Schwester an die Seite gestellt bekam. Die Rede ist natürlich von den Olympischen Winterspielen, die im Jahre 1924 in Chamonix das Licht der Welt erblickten. Goldblatt verschweigt nicht die Instrumentalisierung der Spiele von Berlin durch Adolf Hitler am Siedepunkt der nationalsozialistischen Bewegung in Deutschland. Über das träge Wiederaufstehen nach dem großen Weltenbrand und die beginnende Kommerzialisierung der Spiele samt unsäglicher Boykotte in den Siebzigern und Achtzigern gelangt Goldblatt schließlich in die Gegenwart der Olympischen Spiele im 21. Jahrhundert. Dabei verschweigt er nicht die Probleme, die die Globalisierung und Kommerzialisierung der Olympischen Idee mit sich bringt.

Natürlich vergisst der Autor bei allen Herausforderungen, die der Sport und die Olympischen Spiele momentan zu bewältigen haben, nicht den Kern der olympischen Idee: sportliche Helden, die alle vier Jahre geboren werden können. Er erinnert an Ikonen des Sports wie Jesse Owens, von dem nur Schwarzweißaufnahmen übriggeblieben sind, oder an ein olympisches "One-Hit-Wonder" namens Bob Beamon, der 1968 in der Höhenluft von Mexico City gefühlt ins nächste Jahrtausend gesprungen war, oder mit Usain Bolt an ein Idol der Gegenwart. "Die Spiele" von David Goldblatt ist ein Kompendium von inzwischen 54 olympischen Veranstaltungen in den letzten 122 Jahren, das keine Information missen lässt. Der Autor überzeugt mit einem Detailwissen, das der Perfektion nahezukommen scheint. Wer angesichts der aktuellen Olympischen Winterspiele in Pyeongchang sein diesbezügliches Wissen optimieren möchte, der möge sofort zugreifen und abtauchen.

Christoph Mahnel
05.02.2018

 
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Das Buch:

David Goldblatt: Die Spiele - Eine Weltgeschichte der Olympiade. Aus dem Englischen von Olaf Bentkämper

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Göttingen: Verlag Die Werkstatt 2018
432 S., € 29,90
ISBN: 978-3-7307-0392-2

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